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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Die Story war ein alter Hut

■ betr.: „Als die Stasi uns benutzte“, sonntaz vom 9. 1. 10

Es ist erfreulich, dass die taz sich mit ihrer eigenen Rolle als Desinformationsvehikel des DDR-Geheimdienstes beschäftigt. Allerdings begann die Aids-Desinformations-Kampagne nicht erst 1987 in der taz, sondern schon 1983 mit einem vom KGB lancierten Artikel in der indischen Zeitung The Patriot. Bis 1987 war das Märchen vom angeblich in Fort Detrick hergestellten Aidsvirus in den Medien von 80 Ländern in über 200 Publikationen und in 25 Sprachen erschienen. Amerikanische Stellen hatten zu diesem Zeitpunkt auch bereits wiederholt öffentlich darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine sowjetische Desinformationskampagne handelte.

Als die taz das entsprechende Interview mit Stefan Heym und Jakob Segal veröffentlichte, war die Story also bereits ein alter Hut. Man muss sich in diesem Zusammenhang schon fragen, inwiefern die damaligen Verantwortlichen bei der taz schlicht nicht recherchierten, den Sachverhalt wissentlich ignorierten oder das Ganze für bare Münze nahmen.

Die Aids-Desinformations-Kampagne war übrigens bereits vor Erscheinen von „Als die Stasi uns benutzte“ gut erforscht. Letztes Jahr ist ein Artikel von mir zu diesem Thema veröffentlicht worden, der unter anderem auf ausführlichen Interviews mit Günter Bohnsack und anderen ehemaligen Geheimdienstlern basiert: Thomas Boghardt, „Operation Infektion: The Soviet Bloc AIDS Disinformation Campaign“, Studies in Intelligence, vol. 53, no. 4 (December 2009), pp. 1–24: https://www.cia.gov/library/center-for-the-study-of-intelligence/csi-publications/csi-studies/studies/vol53no4/soviet-bloc-intelligence-and-its-aids.html

THOMAS BOGHARDT,

Historian, International Spy Museum, Washington, D. C.

Hartz-IV-Folgen

■ betr.: „Die Vorurteilsmaschine“,vom 26. 1. 10

Sehr geehrte Frau Dribbusch, ich möchte Ihnen ganz herzlich zu diesem gelungenen Artikel gratulieren und mich gleichzeitig dafür bedanken.

Schon lange betrachte ich es als Ärgernis, dass in Tageszeitungen Vorurteile über Hartz-IV-Empfänger reproduziert werden, statt ehrliche Rechnungen aufzumachen.

Ich habe beruflich viel mit Menschen zu tun, die tagtäglich mit den Folgen von Schröders Agenda 2010 in absolut prekären Situationen leben müssen – über das Jahr 2010 hinaus, versteht sich.

In den Medien wiederum sind Arme allgegenwärtig im Unterschichtenfernsehen, das verzerrte Individuen jener Unterschicht zur Selbstbestätigung und Abgrenzung der (Noch-)Mittelschichtangehörigen wie in einem Zoo zur Schau stellt.

BENEDIKT BOCK, Köln

Faire Gehälter

■ betr.: „Mindestlohn für Briefträger gekippt“, taz vom 29. 1. 10

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erscheint formaljuristisch nachvollziehbar. Allerdings stellt sie den Begriff „soziale Marktwirtschaft“ einmal mehr gewaltig in Frage. Denn eine gesunde Unternehmenskultur, wie man sie heutzutage leider in Deutschland immer weniger findet, setzt faire Gehälter voraus und nicht das Ausnutzen einer Machtposition zu Lasten der Arbeitnehmer. Letzteres ist aber hierzulande im Niedriglohnsektor eindeutig der Fall, da auf jenem Gebiet eine Regulierung fehlt, die einen fairen zwischenmenschlichen Umgang fördert.

Damit entwickelt sich die Bundesrepublik, was das qualitative Wachstum betrifft, zurück, zumal andere europäische Länder zeigen, dass Hungerlöhne für ein profitables privates Briefgeschäft nicht zwingend notwendig sind.

RASMUS PH. HELT, Hamburg

Nett gemeint, aber zwecklos

■ betr.: „Radeln gegen den inneren Schweinehund“, taz vom 27. 1. 10

Gegenüber 2,5 Milliarden Euro Abwrackprämie sind 4 Millionen Euro für eine Werbekampagne, um Autofahrer zum Umsteigen aufs Fahrrad zu bewegen, ein Witz. Hier soll der mündige Bürger mal wieder verarscht werden. „Seht her, Bürger, ich, Röttgen, CDU-Umweltminister, tu was für die Umwelt.“

Man vergleiche den Schaden der Abwrackprämie mit dem Nutzen der Werbekampagne! Es ist die wichtigste Aufgabe unserer Regierung, dafür zu sorgen, dass die Menschheit eine Überlebenschance hat. Solange die Mächtigen unseres Staates ihre Politik nach ihrem Machterhalt ausrichten, sind umweltschonende Maßnahmen, einzelner Bürger nett gemeint, aber völlig zwecklos. Die Menge an CO2, die ich durchs Umsteigen aufs Fahrrad einspare, verheizt z. B. der BMW-, Porsche-, usw. -Fahrer in kürzester Zeit.

Da unsere Politiker nur bei Handlungsbedarf etwas tun, mildern die idealistischen umweltschonenden Maßnahmen einzelner Bürger nur den Druck auf die Politik, endlich etwas für den Erhalt unserer Umwelt zu unternehmen.

Statt ihre Energie für hilflose Maßnahmen zu verschwenden, sollten die Bürger den Politikern Druck machen, zum Beispiel mit E-Mails, Flashmops, Demonstrationen, Kaufverweigerung, Umsteigen auf alternative Energien und so weiter.

JÖRG NEUMANN, Remlingen