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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Politisch gewollte Islamophobie

■ betr.: „Unter Hasspredigern“, taz vom 4. 2. 10

„Deutsche Frauen sind schlecht“, bekomme ich immer wieder von den Männern zu hören. Weil sie sich frei und unabhängig geben, gelten sie als unmoralisch. Um die eigenen Mädchen vor solcher Unmoral zu schützen, werden sie im Haus gehalten, haben so gut wie keinen eigenständigen Ausgang.

Die Kontrolle der Community ist allgegenwärtig. Ein Flanieren auch nur mit einer Freundin wird gleich gemeldet und führt zu strengstem Ausgangsverbot. Kaum verwunderlich, dass schon der Schulweg als eine Quelle ständiger Gefahr für die Sittsamkeit der Töchter erscheint. Liebeshungrige Jungmänner der Community könnten die Augenblicke mangelnder Kontrolle ausnutzen, um wenigstens einen Blick auf eine von Ferne Angebetete zu riskieren. Mehr wäre sowieso nicht drin. Freundschaften in unserem Sinne, gar solche, die eine sexuelle Beziehung einschließen, bleiben absolut tabu. Ist es Zeit dafür, muss eine Heirat angepeilt werden, die aber natürlich von den Eltern arrangiert wird.

Nein, ich spreche nicht von muslimischen Communities, ich spreche von den unter uns lebenden Hindus, um die verlogene Fokussierung auf den Islam zu kritisieren, wenn von patriarchalischen Verhältnissen die Rede ist.

Frauenunterdrückung und Patriarchat sind keine speziellen Eigenarten muslimischer Gesellschaften. Sie sind vielmehr typisch für viele nichtsäkulare Gesellschaften (aber nicht nur für diese), und dies kulturübergreifend. Die wohl kalkulierte Verengung des Blicks führt zu einer politisch gewollten Islamophobie mit deutlich rassistischen Untertönen und konterkariert jeden Kampf um Geschlechtergleichheit. MICHAEL STOFFELS, Kempen

Danke für den Spaß

■ betr.: Glückwunsch an @TOM zum 50. Geburtstag

Meine Oma las in ihrer Tageszeitung immer zuerst die letzte Seite, weil dort die Todesanzeigen standen.

Ich muss gestehen, es ähnlich zu machen, und zwar schon auf der Treppe, auf dem Weg in den dritten Stock, mit dem Unterschied, dass auf der letzten Seite der Lieblingszeitung wesentlich Erfreulicheres zu sehen ist, nämlich TOM TOUCHÉ!!

Einen nachträglichen herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, vielen Dank für den täglichen Spaß und hoffentlich noch recht lange Schaffensfreude!! CHRISTA PAPPERT, Münster

Neidkultur

■ betr.: taz-Berichterstattung zu Hartz IV

Ich möchte mich für die Berichterstattung zum Thema Hartz IV bedanken, weil endlich das Thema vonseiten der Leidtragenden beleuchtet wird. Die meisten Medien wiegeln generell gegen Hartz-IV-Empfänger auf und leider besteht in der Bevölkerung eine Kultur des Neides, selbst wenn es um diese Minibeträge geht. Wie unzufrieden sind viele arbeitende Menschen, wenn sie anderen neiden, sich durch die Papierflut eines Antrages auf Unterstützung durchzuackern, um dann in dauerhafter Unsicherheit mit einem solchen Notgroschen zurechtzukommen? ARIADNE ULLNER, Bonn

Instrumentalisierung des Holocausts

■ betr.: „Linkspartei zofft sich wegen Israel“, taz vom 2. 2. 10

Der Holocaust darf nicht zum Freibrief für eine friedensgefährdende Politik des Staates Israel werden. Gerade der Respekt vor den Opfern verbietet es, den Holocaust in dieser Weise zu instrumentalisieren. Protest gegen die friedensgefährdende Politik Israels ist wichtig.

Sahra Wagenknecht und Christine Buchholz hatten gute Gründe, die Gelegenheit zu nutzen, um in aufsehenerregender Weise darauf hinzuweisen. Wenn sich der Pulverdampf verzogen hat, dann wird hoffentlich eines hängen bleiben: Wir tun den Menschen in Israel keinen Gefallen, wenn wir uns gegenüber der friedensgefährdenden Politik Israels verhalten wie die berühmten drei Affen.

IRENE NICKEL, Braunschweig

Unsichtbarmachung der Frau

■ betr.: „Liberté toujours?“ (Frankreichs Burkaverbot), taz vom 3. 2. 10

Allein das Titelbild muss doch schon bei jedem Mann (von Frauen abgesehen) Widerwillen auslösen: Ein weltweit wohl als „normal“ geltend angezogener Mann wird von einem schwarzen Gespenst begleitet. Warum sollten im 21. Jahrhundert angekommene Gesellschaften so etwas tolerieren? Als ich vor Jahren in Afghanistan war, schockierte mich diese Form des traditionellen Patriarchats. Dass diese mittelalterliche Form von Unterdrückung jemals nach Europa kommt, konnte (und wollte) ich mir nicht vorstellen. Nun scheint es so weit zu sein, und ich bin total dagegen. Kopftücher sind mir egal, die trugen (und tragen) auch im „Westen“ die Landbewohnerinnen, aber eine (versuchte) Unsichtbarmachung der Frauen darf man bei uns nicht erlauben.

KLAUS HOHLE, Berlin