LESERINNENBRIEFE :
Entsetzliches Titelbild
■ betr.: „Albtraum Klonen“, taz-Titelbild vom 17. 5. 13
Beate Zschäpe hat die Strafe, die ihr das Gericht nach Feststellen ihres Anteils an den Taten zumessen wird, verdient. Hat sie deshalb auch den Mob verdient? Wird sie jetzt nach und nach zum Pin-up-Girl? Vermutlich wollen Sie nicht wahrhaben, dass die Täterin ein Ergebnis unserer Gesellschaft ist. Viele Menschen haben in ihrer Kindheit Gewalt erlebt, zum Glück führt das in den seltensten Fällen zu Mord. Man wird kaum ausmachen können, warum Zschäpe diesen Weg genommen hat. Ich habe eh den Verdacht, dass niemand daran interessiert ist, die zugrunde liegenden Gewaltzustände und -strukturen aufzuklären. Wie bequem, wenn man das einfach für genetisch bedingt suggerieren kann. Aber wir sind alle mehr oder weniger damit beschäftigt, Gesellschaftsstrukturen aufrechtzuerhalten, die doch immer wieder zu derartigen Morden führen. Dann möglicherweise mit anderem ideologischem Hintergrund. Ich finde ihr Titelbild deshalb entsetzlich! MARION GNUSCHKE, Kassel
Zeitung für Twens?
■ betr.: „Töten, um eine Frau zu werden“, taz vom 14. 5. 13
Der Autor Daniel Schulz bejubelt hier eine Fernsehserie, in der eine junge Frau tötet, weil sie Geld für eine Geschlechtsumwandlung braucht: „Sie war seine beste Killerin […].“ „Bist wie eine Maschine, Mia. Das liebe ich an dir.“ Dazu das Foto eines cool dreinschauenden Mädels mit dicker Wumme in der Hand. Zeitung für doofe Twens? Nein, die taz. Leute, Leute: Merkt denn in der Redaktion niemand, dass hier auf Seite 18 das gleiche Verhalten sentimental verklärt und legitimiert wird, das sonst auf Seite 1 (Prozess gegen Beate Zschäpe) zu Recht als völlig unerträglich dargestellt wird? Unpolitisch sind Gewaltorgien cool, nur politisch dürfen sie nicht sein? In der Ausgabe vom 15. Mai („Dienst nach Vorschrift, bitte“) berichtet die taz dann wohlwollend über eine Initiative, welche die „Tatort“-Serien unter dem Aspekt der Rechtstaatlichkeit beobachtet. Wie schizophren kann eine Redaktion sein? Und, ja, die alte Frage der taz: „Wie wollen wir leben?“ Na, wie denn? MICHAEL KOOTZ, Kassel
„Bush Wives“ und Sexsklavinnen
■ betr.: „Misses Kalaschnikow“, taz vom 15. 5. 13
Die schweren Menschenrechtsverletzungen an Zivilisten/-innen und rangniedrigen Kämpfer/-innen aus den eigenen Reihen, für die eine martialische Guerillaeinheit wie die M23 – mitsamt ihren Vorläufern und Splittergruppen – bekannt ist, können nicht damit kaschiert werden, dass eine machtbewusste Frau einer europäischen Verehrerin Worthülsen zur Frauenförderung ins Aufnahmegerät diktiert. Frau Schlindwein preist eine Praxis als revolutionäre Neuerung an, die seit Jahrzehnten überall auf dem Kontinent (und nicht nur dort) verbreitet ist: Guerillaorganisationen richten Frauenflügel ein und verkünden emanzipatorische Postulate.
Ob sich Frauen und Mädchen aus Rache Kampfgruppen angeschlossen haben oder zwangsrekrutiert wurden, die zahlenmäßig wenigen Kommandantinnen stellen die Hackordnung zwischen Kämpferinnen, „Bush Wives“ und Sexsklavinnen nicht infrage. Sie sind Teil maskulin-militarisierter Ordnungsmuster, die Frauen und Männer durch den Druck repressiver Regime lange vor Kriegsbeginn verinnerlicht haben und die in Kriegen und gewaltsamen Konflikten verstärkt werden. Daran ändern offizielle Leitlinien gegen sexuellen Missbrauch gar nichts, sie sind reine Propaganda.
Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen werden die meisten Kommandantinnen und Kämpferinnen nach Kriegsende von den eigenen Kriegsherren und ehemaligen Mitstreitern als Prostituierte diffamiert und von den Möglichkeiten der Bereicherung ausgeschlossen. Die neue Elite, die frühere Guerillachefs bilden, hat zumeist kein Interesse an Geschlechtergleichheit, sozialer Gerechtigkeit, der Reduzierung von Gewalt und Repression, der Durchsetzung von Menschenrechten und Basisdemokratie. Auch in dem hier verklärten Ruanda zeigt sich, dass autoritäre und militarisierte Strukturen patriarchale und sexistische Geschlechterordnungen manifestieren. Die Lebensrealität ihrer während des Genozids 1994 vergewaltigten und geschwängerten „Schwestern“ sowie deren Kinder hat sich keineswegs verbessert. RITA SCHÄFER, Essen
Sexistische Scheiße
■ betr.: „Schmähgesänge und 20 Jungfrauen“, taz vom 18. 5. 13
Hallo, hallo, ist das noch die taz? Der Präsident des Augsburger Fußballklubs will „20 Jungfrauen“ nach Hannover schicken, wenn die deren Konkurrenten bezwingen. Für euren Autor ist das ein „ungewöhnliches Angebot“. Für mich ist das sexistische Scheiße, die bei euch früher gewöhnlich beim Namen genannt wurde. ULRICH EUMANN, Köln
So viel Vaterliebe!
■ betr.: Sperma, Macht, Kind“, taz vom 18./19./20. 5. 13
Was spricht dagegen, wenn ein schwuler Mann, der einem lesbischen Paar durch seine Samenspende zu einem Baby verhalf, an der Erziehung teilhaben möchte?! Es gibt schon genug Väter, die ihre Kinder aus egoistischen Gründen im Stich lassen. Und wenn der „Erzeuger“ sogar vor den Bundesgerichtshof zieht, dann scheint er großes Interesse an „seinem“ Kind zu haben. Er zeigt damit Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Kind. Kann einem Kind Besseres passieren als so viel Vaterliebe? JULIA ENGELS, Elsdorf