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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Zweifelhafte Vorbilder

■ betr.: „Hilfe nur von zweifelhaften Staaten“, taz vom 25. 6. 13

Edward Snowden, ein Robin Hood unserer Überwachungsdemokratien, flieht in „zweifelhafte Staaten“: China, Russland, Kuba, Ecuador. Zweifelhaft betrachtet durch die Brille von Gereon Asmuth, betrachtet aus unserer von Großkapital und Banken regierten ordentlichen „demokratisch-liberalen Welt“, welche keine Zweifel an der Überlegenheit unserer Rechtsordnung hat. Zumindest was den letztgenannten Staat (Ecuador) anbelangt, müssen Zweifel an der platten Pauschalierung und Gleichstellung mit Russland und China angebracht sein. Ecuador unter Rafael Correa hat die erste demokratisch gewählte Regierung, unter welcher der Reichtum des Landes (Bodenschätze, Landwirtschaft) nicht in die Taschen weniger privilegierter Familien fließt, sondern unter der die breite Bevölkerung massiv und sichtbar vom Reichtum profitiert: Verkehrsinfrastruktur, soziales Netz, Ökologie, Gesundheits- und Bildungswesen und so weiter, was die Bevölkerung übrigens auch so wahrnimmt und in sauberen demokratischen Wahlen mit einem hohen Votum bestätigt. Und auch wer Kuba in puncto soziale Sicherheit, Gesundheits- und Bildungswesen oder Lebensqualität (nicht -quantität) mit anderen „demokratischen“ lateinamerikanischen Staaten vergleicht, die eher unserer Kapital- und Konsumordnung gehorchen (siehe aktuell Brasilien), müsste Zweifel an unserer selbstgerechten und platten Übertragung unserer politischen Wertmaßstäbe auf Länder hegen, die unter gänzlich anderen sozialen, politischen, ökonomischen und klimatischen Bedingungen leben. Zweifelhaft sind eher wir als Vorbild – und unsere engsten Verbündeten – (aktuell gerade USA und Großbritannien), die ja gerade von Snowden als Überwachungsstaaten enttarnt wurden. WILLIBALD WEICHERT, Hamburg

Beispiellose Arroganz

■ betr.: „Hilfe nur von zweifelhaften Staaten“, taz vom 25. 6. 13

„Würde irgendjemand die Hand dafür ins Feuer legen, dass die Bundesrepublik dem Druck der US-Regierung standhalten und den Whistleblower nicht ausliefern würde?“ Welch dämliche Frage eines Kommentators zu einem Land, das eingebunden ist in die verbrecherische Kriegspolitik der westlichen Führungsmacht. Erst recht die vorangehende Frage: „Aber könnte Snowden nicht auch Asyl in tatsächlich liberalen Ländern suchen?“ Tatsächlich liberal – damit meint Gereon Asmuth zum Beispiel Deutschland. Ganz anders etwa das „nicht unbedingt freiheitsliebende“ Ecuador, das zu den „zweifelhaften Staaten“ dieser Erde zählt! Welch beispiellose Arroganz eines „liberalen“ westlichen Journalisten gegenüber einem linken lateinamerikanischen Land! Nein, eine „caudillohafte Pose“, wie zwei Seiten später Stefan Reinecke sie nicht minder überheblich bei Correa gleichermaßen wie bei Chávez ausmacht, ist Angela Merkel wirklich nicht nachzusagen. Nur, hätten die PolitikerInnen hierzulande wenigstens ein bisschen ähnliche Intentionen wie diese linken lateinamerikanischen Politiker, es sähe demokratischer bei uns aus. Was sich aber jetzt vor aller Augen abspielt, ist nichts anderes als die Jagd eines Unschuldigen, dem die Welt zu Dank verpflichtet ist, durch „liberale“ Verbrecher. Es sind dieselben, die Manning, der einige ihrer Verbrechen aufgedeckt hat, töten oder doch wenigstens für Jahrzehnte einsperren wollen. MICHAEL STOFFELS, Kempen

Abhörskandale sind besorgniserregend

■ betr.: „Fall Snowden: Ecuardor trotzt den USA“, taz vom 28. 6. 13

Die Abhörskandale der USA und Großbritanniens finde ich äußerst besorgniserregend. Die Bundesregierung täte gut daran, wenn sie vor allen Dingen den EU-Partner Großbritannien zur Verantwortung zöge und vorm Europäischen Gerichtshof anklagte. Es kann nicht sein, dass Deutschland von einem befreundeten Staat so intensiv ausspioniert wird und die Privatsphäre seiner Bürger so mit Füßen getreten wird. Deshalb zolle ich Herrn Snowden auch meinen aufrichtigen Dank für diese Aufklärung. Für mich ist er ein Held der Demokratie und der freiheitlichen Welt! Solche Menschen mit Zivilcourage brauchen wir noch mehr auf der Welt, denn sie sind für den Fortbestand einer gut funktionierenden und lebenswerten Gesellschaft unverzichtbar. Die vielfach auch von konservativen Politikern verwendeten Argumente, die Abhörprogramme seien ja zur Terrorbekämpfung unbedingt wichtig, sind in Wirklichkeit nur vorgeschoben und unaufrichtig und verstoßen gegen unsere Verfassung! THOMAS HENSCHKE, Berlin