LESERINNENBRIEFE :
„Es war köschtlich“
■ betr.: „Delikate Silberfischstäbchen“, taz vom 3. 7. 13
Liebes Wahrheitsteam! Zunächst möchte ich mich für den informativen und richtungsweisenden Bericht „Delikate Silberfischstäbchen“ bedanken. Er war für mich als aufgeschlossene Frau ein Genuss ohne Reue. Diesmal war die Wahrheitsseite für mich persönlich besonders ergiebig, ich konnte sie vollständig verwerten und muss sagen: es war köschtlich – wie wir in unserer Familie zu sagen pflegen. Lasst euch nicht von immer mal wieder aufgeschreckten Kostverächtern verunsichern. Danke ans Team. SIBYLLA NACHBAUER, Erlangen
Zum Mann gemacht
■ betr.: „Trampeln wie die Viecher“, taz vom 29. 6. 13
In dem testosterongeschwängerten Artikel über die Tour de France wollte Herr Moll wohl ums Verrecken keine Frau erwähnen und machte kurzerhand die weltbekannte Schriftstellerin und Journalistin COLETTE auch zum Manne. Sie war aber eine Frau und arbeitete um 1912 f. im Pariser Tageblatt, woher sicher auch das Zitat über die „präzise und hart wie pneumatische Bohrer“ arbeitenden „Kolben“ der Männerbeine stammt. Kam ihm die männlich expressionistische Ausdrucksweise so unwahrscheinlich für eine Frau vor? Oder wusste er nicht von ihr? Lesen! SIGRID WIEGAND, Berlin
Von Leviathan zur Finanzkrake
■ betr.: „Merkel betritt Neuland“ u.a., taz vom 3. 7. 13
Aus berechtigt verständlicher Terrorabwehr nach 9/11 ist der Aufbau privater Machtstrukturen auch im Sicherheitsbereich (Militär und Geheimdienste) geworden. Das kann uns ins Mittelalter zurückwerfen. Die Einigung auf das Machtmonopol des Staates im westfälischen Friedensschluss 1648 war die Voraussetzung für überschaubar „geordnete“ Auseinandersetzungen/Kriege seitdem.
Durch die Aufkündigung des Nachkriegskonsenses durch das Kapital/ Neoliberalismus (Streeck „Gekaufte Zeit“) folgte nach der bisherigen Privatisierungswelle von Wasser, Boden, Luft, Gesundheit, Post, Verkehr nun die Privatisierung im Sicherheitsbereich – Prism und Tempera. Denn es sind Privatfirmen die von den angloamerikanischen Staaten mit Wirtschaftsspionage beauftragt wurden. Von Leviathan zur Finanzkrake – so schwer ist das Erreichen eines stabilen Gleichgewichts. Und unsere Kanzlerin wird mit dem Satz zitiert: „Wir müssen unsere Demokratie marktkonform machen.“ Nicht genug damit, fangen wir Menschen an, das geophysikalische Gleichgewicht zu destabilisieren – riskieren den Klimawandel.
KLAUS WARZECHA, Wiesbaden
Systematisch abgehört
■ betr.: „Aus Überwachung wird Spionage“ u.a., taz vom 3. 7. 13
Da werden wir also systematisch abgehört, ausgespäht und unter Generalverdacht gestellt. Ich fühle mich in die düstere Zeit der an ihrer eigenen Unfähigkeit versunkenen DDR erinnert. Der Staatssicherheitstrakt des Genossen Erich Mielke war ein Staat im Staate. Auch ich wurde seinerzeit systematisch bespitzelt und überwacht, weil ich öffentlich gesagt habe, was ich denke. Auch heute wird das wieder so sein, nur in einer ganz anderen Art und Weise: Viel professioneller, viel perfekter! Aber das wird mich nicht davon abhalten mich zu äußern, wenn in diesem, unseren neuen Staat, Missstände anzuprangern sind. Und davon gibt es leider mehr als genug!
DIETER LEHMANN, Falkenberg/Elster
Asylrecht muss repariert werden
■ betr.: „IT-Experte will kommen“, taz vom 3. 7. 13
Das Recht auf politisches Asyl ist im Zeitalter der Globalisierung kaputt. Das kann man sich an einem Menschen wie Edward Snowden klar machen, der in Deutschland, in der EU und nirgendwo sonst Asyl finden wird. Was bedeutet es für das Selbstverständnis unserer Gesellschaften, wenn sie es nicht fertig bringen jemandem wie Snowden Asyl zu geben? Was bedeutet es für das Rechtsverständnis unserer Gesellschaften, für unsere Vorstellungen von Wahrheit, von Staat, von Souveränität usw.? Mindestens das Asylrecht muss dringend repariert werden. MICHAEL GEIGER, Oldenburg
Computer sind angesagt
■ betr.: „Mehrheit der Bürger will Bibliotheken und Kieze retten“, taz vom 3. 7. 13
Bibliotheken? Bücher? Wozu? Braucht doch kein Mensch! Wir leben im 21. Jahrhundert – Computer sind angesagt … Es vollzieht sich eine dramatische Entwicklung in unserer Gesellschaft und die Bibliotheksschließungen sind ein Teil des neoliberalen Galimathias, welcher über unser gesellschaftliches Bewusstsein hinwegfegt. Was sich monetär nicht rentiert, verliert – so einfach ist die Devise.
Sitzen in der Bibliothek nicht immer die Stadtstreicher, die ihre Zeit totschlagen? Die Zeit muss sinnvoll genutzt werden, was so viel bedeutet, dass jeder Einzelne gefälligst die Wirtschaft anzukurbeln hat. Mit Büchern kurbelt der Narr höchstens sein eigenes Bewusstsein an, was bedenklich für das System ist.
Oh ja, Bibliotheken sind bewusstseinserweiternd, aber die Herren Volksvertreter brauchen besinnungslose Tiere, damit die Kommune mit Widersinn versehen werden kann und keiner opponiert.
MICHAEL SENDER, Mainz