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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Das kostet alles Geld

■ betr.: „Das Heim muss man zumachen“, taz vom 29. 7. 13

Die interviewte Michaela Huber benennt trefflich die Ursachen der teilweise aufgedeckten Missstände in Form von Gewalt und Demütigungen durch Mitarbeiter, die in der Jugendhilfeeinrichtung Haasenburg stattfinden. Zu wenig Fachpersonal, zu wenig geschultes Personal im Umgang mit Auto- und Fremdaggression sowie Traumatisierungen. Regelmäßige Team-Supervisionen müssten konzeptionell verankert sein, therapeutische Angebote für Einzelne gewährleistet. Keine Elf-Stunden-Dienste der MitarbeiterInnen, die schnell zu einer Überbelastung führen können. Das kostet alles Geld. Hier krankt unsere Sozialpolitik. MICHAEL KRAMER, Trochtelfingen

Ausgewogene Debatte

■ betr.: „Betreuer waren ein schlechtes Vorbild“, taz vom 27. 7. 13

Die Art und Weise, aber auch die Penetranz, lässt mich vermuten, dass die Schreiber, oder wer auch sonst, nicht nur ein Interesse daran haben, den Zustand in diesem Heim zu verändern, was ich ausdrücklich unterstützen möchte; sondern auch andere Zielsetzungen damit verbinden. Der Umfang und die mehrfachen Schilderungen, die sich inhaltlich zunehmend wiederholen, dann jeweils aus unterschiedlichen Perspektiven, stehen für mich in keinem Verhältnis zu anderen Ungerechtigkeiten, denen die Redakteure auf den Grund gehen könnten.

Wenn es Ihnen um eine ausgewogene Debatte geht, dann könnten Sie auch aus Einrichtungen berichten, die mit einem sehr werteorientierten und die Jugendlichen in ihrer Menschenwürde achtenden Konzept arbeiten und den Jugendlichen zu guten Perspektiven verhelfen. INGEBORG BISPINCK-WEIGAND, Nottuln

Die Heime gehören geschlossen

■ betr.: „Der Lehrmeister des Dr. Haase“, taz vom 26. 7. 13

Die von der taz aufgedeckten Missstände in geschlossenen Kinderheimen der Haasenburg GmbH bestätigen erneut meine Vorbehalte gegenüber behavioristischen Konzepten der Verhaltenstherapie, wie sie in der DDR offensichtlich gang und gäbe waren und heute von alten Seilschaften in der ostdeutschen Tradition weiterhin praktiziert werden. Zuerst begegneten mir solche Methoden in einem Fachbuch aus der DDR, das ich 1968 in Sofia entdeckte. Dort wurden Methoden zur „Therapie abweichenden sexuellen Verhaltens“ – u. a. Homosexualität und Transvestitismus – beschrieben. Ähnliche Praktiken scheinen die „Therapeuten“ und „Erzieher“ der Haasenburg GmbH anzuwenden. Der eigentliche Skandal besteht darin, dass die Landesjugendämter von Hamburg und Brandenburg nicht nur die Berichte der Kinder in Frage stellen, sondern das ganze Konzept offensichtlich ganz in Ordnung finden. Die Heime gehören sofort geschlossen, unabhängig von Einzeltatsachen. JÜRGEN FIEGE, Bremen

Nicht zu fassen!

■ betr.: „Der Lehrmeister des Dr. Haase“, taz vom 26. 7. 13

Seit Wochen verfolge ich Ihre Berichte über die Haasenburg GmbH. Nicht zu fassen, dass es diese Zustände in Heimen heute noch gibt, und es erfüllt mich mit einer unglaublichen Wut!

Ich bin Jahrgang 1947, war früher mal Kindergärtnerin und habe Ende der 60er Jahre ein Praktikum in einem Kinderheim absolviert und dort autoritäre und auch unwürdige Situationen erlebt, die mit sinnvoller und einfühlender Erziehung wenig zu tun hatten. Was laut Ihrer Recherchen unter den Augen der zuständigen Behörden in diesen Heimen praktiziert wird und auch noch als Pädagogik bezeichnet wird, hätte ich in der heutigen Zeit nicht für möglich gehalten. Dass die wirklich Verantwortlichen alles unter die Decke kehren, sich hinter Paragrafen etc. verstecken (weil sie zu faul, zu obrigkeitshörig oder aber zu bescheiden im Denken sind?), wundert mich nicht. Gibt es nicht den Fall Mollath?

Ich bin froh, dass es die taz gibt. Bleiben sie dran!

MARGRET RABATIN, Pulheim

Vater als Ganztagsjob

■ betr.: „Lass mich mal machen!“ , taz vom 27. 7. 13

Endlich meldet sich mal ein Vater zu Wort, der das überspannte Muttergehabe vieler Frauen kritisch betrachtet. Meine These ist, dass (nicht alle, aber zu viele) Mütter sich gluckenhaft verhalten, weil nur sie das Wohl des Säuglings/Kleinkindes gewährleisten können. Die Unterstützung des Erzeugers wird nur dann eingefordert, wenn sie auch mal frei haben wollen. Dem ersten Teil von Andreas Rüttenauers These (Die Politik will Gleichberechtigung) kann ich nicht zustimmen, denn die Politik hat das Splitting der Elternzeit von zwölf zu zwei Monaten vorgegeben. Wen wundert’s, dass fast ausschließlich Mütter die zwölf Monate Elternzeit nehmen und Väter die zwei Alibimonate? Unbestritten bedarf es noch großer (arbeitsmarkt)politischer Veränderungen sowie einen tief greifenden Bewusstseinswandel, nicht nur in den Chefetagen, bis Frauen Bedingungen vorfinden, die es ihnen leichter machen, den Nachwuchs in die Hände der Väter zu geben. Denn viel zu wenig Männer streben die Vaterrolle als Ganztagsjob für mehr als zwei Monate an. Das Argument der Karrierechancen ist scheinheilig. Vielmehr gilt es, dass Männer sich als Väter outen und sagen, die Rolle des Geldbeschaffers gefällt mir nicht mehr, viel lieber kümmere ich mich aktiv um mein Kind – von der Windel bis zur Aufklärung. Dann würden die Väter auch nicht mehr vergessen werden! MECHTILD LUTZE, Berlin