LESERINNENBRIEFE :
Diskriminierende Fragebogen
■ betr.: „Schwules Blut: ein ganz besonderer Saft“, taz vom 19. 8. 13
Eigentlich möchte ich Ihnen zu diesem Artikel gratulieren. Doch leider geht es wieder mal zur Hauptsache „nur“ um Schwule, nicht auch um den darin ebenfalls angelegten Rassismus.
2011, aus Hessen nach Nordrhein-Westfalen umgezogen, ging ich das erste Mal zur Blutspende. Mir wurde hier ein Fragebogen zum Selbstausschluss vorgelegt, der mich empört hat. Es wimmelte hier von Fragen, die ich nicht nur für Homosexuelle diskriminierend fand, sondern auch für Menschen anderer Nationen – hier vor allem aus Afrika – und ebenfalls für Suchtkranke, obgleich die schon über Jahre abstinent leben. Meine Empörung hat mich dann veranlasst, einen entsprechenden Brief an den Blutspendedienst des DRK zu schreiben, der a) auf diese Diskriminierungen hinwies und b) auch ansprach, dass dabei unwahren Angaben regelrecht Vorschub geleistet werden würde. Ich bekam auch Antwort, in der darauf hingewiesen wurde, dass im Gesundheitsministerium eine entsprechende Verordnung zugrunde gelegt werde und dass dieser Fragebogen erst im Stadium des Tests sei. Bei den nächsten Blutspendeterminen konnte ich dann aber auch feststellen, dass an dem Fragebogen wenig verändert wurde. Ich hatte nun, wie viele andere auch, die Wahl zu spenden oder aus Protest das Blutspenden einzustellen.
ALBERT WAGNER, Bochum
Es ist nichts Verwerfliches
■ betr.: „Schwules Blut: ein ganz besonderer Saft“, taz vom 19. 8. 13
Erfreulich fand ich, dass ihr euch der Blutspende von Homosexuellen widmet, einem Thema, dass in meinem Bekanntenkreis von regelmäßigen Spendern öfter diskutiert wird. In Zeiten des Wahlkampfs muss wohl jedoch auch dies mit Vorsicht zu genießen sein.
Ein Satz im Artikel ist aber misslungen: „Manche nutzen die Blutspende gar als kostenlose und anonyme Möglichkeit, sich auf HIV testen zu lassen.“ Stimmt, und es ist überhaupt nichts Verwerfliches dabei, sondern zeugt vielmehr von Verantwortungsbewusstsein. Das Rote Kreuz wirbt sogar mit dem medizinischen Aspekt und gesundheitlichen Testergebnissen der Blutanalyse. Dabei plädiert und hofft man selbstverständlich auf den Verstand und die soziale Kompetenz des Betroffenen, erst zwölf Wochen nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr zur Blutspende zu gehen – von der anderenfalls leichtsinnigen Gefahr abgesehen, dass der Test erst dann aussagekräftige Ergebnisse liefert. Und auch ohne Blutspende kann man einen HIV-Test jederzeit beim Gesundheitsamt machen, der auch kostenlos und anonym durchgeführt wird. SVENJA MACHT, Dresden
Drei Missverständnisse
■ betr.: „Heillos fragmentiert“, taz vom 19. 8. 13
Der Artikel beschreibt drei bekannte Missverständnisse. Das tertiäre Missverständnis ist die Grenze zwischen „links“ und „nicht mehr links“; sie wird von allen Beteiligten unterschiedlich weit oder meistens enger gezogen. Das sekundäre Missverständnis äußert sich im Problem, „links“ zu definieren. Chancengleichheit oder Einkommensgleichheit? Pro oder anti Amerika? Kapitalismus reformieren oder abschaffen? Und was kommt danach? Und so weiter. Das primäre Missverständnis ist jedoch die Annahme, es gäbe den exklusiven Gegensatz „rechts“ und „links“, und daher sei „links“ immer gut. Dieses anschauliche und bequeme Modell gibt es in der heutigen Gesellschaft jedoch nicht und gab es so auch nie. Solange diese drei Missverständnisse jedoch weiter gepflegt werden, werden wir noch einige so verlaufende Konferenzen bestaunen dürfen.
OLIVER VARELMANN, Münster
Bilder und Hintergründe
■ betr.: „Leichen geben kein gutes Titelfoto ab“, Leservorwurf,taz vom 17. 8. 13
Ich möchte die Wahl eures Titelbildes vom letzten Freitag verteidigen: Stehen tödliche Ereignisse im Mittelpunkt, so können auch zu Recht Bilder der Toten die Berichterstattung begleiten. Wie sämtliche Bilder können diese manipulativ eingesetzt werden – umso gefährlicher, wenn es sich um starke Bilder handelt. Sich auf sinnvolle Weise von der Springer-Presse abzugrenzen heißt aber, dieser Gefahr mit einer sorgsamen Darstellung der Hintergründe der Bilder entgegenzuwirken, und nicht, auf starke Bilder zu verzichten. Der Schrecken der Ereignisse reflektiert sich in ihren Darstellungen, seien sie visuell oder textuell. Ein kategorischer Ausschluss von Bildern Toter hieße letztlich Verharmlosung. Diese gilt es zu vermeiden, trotz mancher religiös-kultureller Vorbehalte und trotz jeglichen Ekels.
JONATHAN SCHMIDT-DOMINÉ, Aachen
Was wirklich zählt
■ betr.: „Kairo, 14. August 2013“, taz vom 16. 8. 13
Auch mich hat das Titelbild der taz stark berührt. An diesem Morgen habe ich nicht wie oftmals die Wahrheit-Seite zu erst gelesen. Also nicht erstmal was „ Leichtes“ zum Tagesbeginn. Ja, das Bild ist eine Zumutung! Aber das erwarte ich von meiner Zeitung, dass sie mich rauskatapultiert und mitnimmt! Mich mit dem Leben und auch Sterben „da draußen“ konfrontiert und mir bewusst macht, was wirklich an diesem Tag zählt.
Und ich habe innegehalten und an den Schmerz der Familien dieser getöteten Söhne, Brüder, Männer mit Demut gedacht. Danke für diese klaren Minuten. SIBYLLA M. NACHBAUER, Erlangen