LESERINNENBRIEFE :
Wo bleibt die deutsche Stimme?
■ betr.: „Spaniens Vergangenheit ist nicht vorbei“, taz vom 26. 4. 10
Der taz-Bericht über die Demonstrationen zum Amtsenthebungsverfahren gegen den spanischen Untersuchungsrichter Balthasar Garzón erschien zufällig am selben Tag, an dem sich die Bombardierung des baskischen Städtchens Guernica durch deutsche und italienische Flugzeuge im Jahre 1937 jährte. Das erste Flächenbombardement einer Zivilbevölkerung war, wie insgesamt der Einsatz der deutschen Legion Condor, eine massive Unterstützung der Franco-Truppen und ein Testfeld der deutschen Militärmaschine für den geplanten Krieg. Meines Wissens gibt es bis heute kein Bekenntnis deutscher Regierungsstellen zur Verantwortung Deutschlands für diesen barbarischen Akt.
Unter den Vertretern der UNO und der 26 Länder, die das Protestschreiben gegen die Amtsenthebung Garzóns unterzeichnet haben, wird Deutschland nicht erwähnt. Wo bleibt die deutsche Stimme, um die Proteste in Spanien gegen das weitere Verschweigen der Verbrechen im Bürgerkrieg und der Franco-Diktatur zu unterstützen sowie den Beitrag Nazideutschlands zum Sieg der faschistischen Truppen im Gedächtnis wachzuhalten?
Die Aufarbeitung der Gräuel faschistischer Diktaturen ist nicht nur eine rein nationale, sondern eine europäische Aufgabe. Neuer Antisemitismus und Erfolge faschistischer Parteien in mehreren EU-Ländern erfordern eine gemeinsame Antwort. EIKE HEMMER, Bremen
Ermutigendes Signal
■ betr.: „Kettenreaktion geglückt“, taz vom 26. 4. 10
Die geschlossene Menschenkette ist ein sehr ermutigendes Signal. Denn sie zeigt, dass die Anti-Atom-Bewegung alles andere als ein Auslaufmodell aus den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts darstellt und nichts von ihrer Bedeutung für die einfache Bevölkerung eingebüßt hat.
Und dies muss sehr hoch bewertet werden angesichts der Tatsache, dass die sozialen Probleme so groß geworden sind, dass ökologische Aspekte in Debatten nicht selten untergehen oder, dem modernen neoliberalen Zeitgeist entsprechend, als angeblich wachstumsfeindliches Luxusdenken eingestuft werden. Zudem strahlt die PR der Atomwirtschaft, die ihre alten Reaktoren gerne als „Deutschlands ungeliebteste Klimaschützer“ ausgibt, offenkundig nicht auf die breite Öffentlichkeit ab. Daher kämpfen die Oligopolisten RWE, Eon, Vattenfall und EnBW wie Don Quichotte und Sancho Pansa gegen Windmühlen und ihre Kritiker – trotz der antinachhaltigen Politik von CDU, CSU und FDP – mit viel Rückenwind!
RASMUS PH. HELT, Hamburg
Wir dürfen gespannt sein
■ betr.: „Erfolgreicher Größenwahn“, taz vom 26. 4. 10
Bemerkenswert, wie sich die Strategien der AKW-Betreiber ändern. In den 70ern und 80ern haben sie mit staatlicher Unterstützung ihre politischen Gegner niederprügeln lassen.
Zugegeben, eine Menschenkette erfordert für derart martialische Antworten einen gigantischen logistischen Aufriss. Und eine Polizistenkette parallel zur Demonstrantenkette hätte das Bild nur satirisch aufgehübscht. Also Glückwunsch an Jochen Stay von ausgestrahlt.de für diese gute Idee!
In Biblis hatten wir nur Sichtkontakt zu den finster dreinschauenden Sicherheitsleuten mit ihren Hunden hinter dem Festungszaun. Für kein Geld der Welt möchte ich meinen Arbeitsplatz im Bereich der erneuerbaren Energien mit einem Arbeitsplatz im Hochsicherheitstrakt tauschen, wo man sich ständig rechtfertigen muss. Wir brauchen mehr davon, damit niemand mehr hinter Stacheldraht arbeiten muss.
Auch die PR-Leute der AKW-Betreiber beneide ich nicht um ihren Job – da kommen ja sogar die Antworten zentralistisch daher: „Man sollte lieber miteinander reden statt übereinander“, so lautet nicht nur das wörtliche Zitat der RWE-Sprecherin Stephanie Schunck. Mit exakt denselben Worten tritt die Eon-Sprecherin Almut Zyweck im Norden auf. Dürfen wir sie beim Wort nehmen? Übernehmen nun endlich die großen Stromkonzerne die Organisation von Podiumsdiskussionen und stellen sich den Argumenten der Kritiker, anstatt diese mühsame Aufgabe ehrenamtlich engagierten Bürgern zu überlassen? Wir dürfen gespannt sein. EVA STEGEN, Freiburg
Klasse, dass das Thema bewegt
■ betr.: „Kettenreaktion geglückt“, taz vom 26. 4. 10
Klasse, dass dieses Thema die Menschen „quer durch die Bank“ bewegt! Jetzt wird es Zeit, dass sich alle, die keine Atom-(und möglichst auch Kohle-)Kraftwerke möchten, einen Ökostromanbieter suchen! Ich selbst beziehe seit dem Jahr 2000 nur noch Ökostrom für meinen Haushalt, und ich kann nur alle auffordern, dies ebenso zu tun und möglichst viele Freunde und Bekannte auch dafür zu begeistern! Gemeinsam schaffen wir die Wende! JOACHIM HUBER, München