LESERINNENBRIEFE :
Erwiderung
■ betr.: „Höchstens ein Kavaliersdelikt“, taz vom 19. 11. 2013
Liebe taz-Redaktion, liebe Leserinnen und Leser! Recht hat Jan Feddersen, wenn er kritisieren wollte, dass Boulevardmedien die Sexaffäre des SPD-Landrats Adam nur so hochspielen, weil dieser schwul ist. Aber warum tritt der Autor selbst journalistische Grundsätze mit Füßen und greift zu schwulenfeindlichen Verdächtigungen – in ähnlicher Weise, wie die von ihm kritisierten Medien?
Landrat Adam ist laut Überschrift mit Fragezeichen „Opfer eines bayerischen SPD-Komplotts“ geworden. Nach zwei Dritteln des Textes sucht man oder frau noch immer vergeblich nach dem Komplott. Doch dann wird es „pikant“. Der SPD-Landrat hat „zugleich“ (!) Streit mit mir, dem bayerischen SPD-Landesvorsitzenden. Der Pseudobeleg für das „SPD-Komplott“ folgt sogleich: „Könnte also sein, dass ein schwuler Freund Pronolds das sexuelle Abenteuer den Medien durchgestochen hat.“ Das war alles?!
Um Klatsch und Gerüchte in die Welt zu setzen, reicht es. Die taz spaziert damit auf dem journalistischen Boulevardweg: Fragezeichen in der Überschrift! Keine Quellenangabe für die Verdächtigung! Keine Rückfrage oder Chance zur Stellungnahme vorab! Warum verdächtigt Herr Feddersen den „Durchstecher“, schwul zu sein? Und war mein mir selbst unbekannter, ominöser, aber sicher schwuler Freund allein das ganze SPD-Komplott aus taz-Überschrift?
Mist aber auch. Der Pressesprecher des Landrats verdächtigt jemand außerhalb der SPD, der „Durchstecher“ zu sein. Das steht zwar in vielen anderen Medien, findet aber in dieser taz-Geschichte keinerlei Erwähnung.
Zu viel Recherche schadet einer haltlosen Geschichte. Diese stand wohl vorher schon fest, als Verschwörungstheorie im Kopf des Verfassers. Aber warum steht sie in der taz? Fragt Sie Ihr
FLORIAN PRONOLD, SPD-Landesvorsitzender von Bayern
Wie würde der glotzen?
■ betr.: „Unser Kind wird SexarbeiterIn“, taz vom 21. 11. 13
Neulich am frühen Abend in der oberen Olgastraße hier in Stuttgart standen drei Prostituierte auf dem Trottoir rum. Eine sah aus wie 15, eine war erkennbar schon länger im dreckigen Geschäft, und die dritte sah aus wie eine circa 16 bis 18 Jahre alte Oberschülerin. Da kam ein ungeduschter, älterer Kerl daher, baute sich ganz dicht vor ihr auf, gaffte sie von oben herab an, um sie nach dem Preis zu fragen. Da dachte ich, wie würde der jetzt wohl glotzen, wenn er hier seine eigene Tochter erkennen würde? MANUELA KUNKEL, Stuttgart
Rollentausch
■ betr.: „Kinder werden mutlos“, taz vom 20. 11. 13
Um herauszufinden, ob Bemerkungen von Lehrkräften verletzen können, schlage ich ein einfaches soziales Experiment vor: den Rollentausch. Mit geringen Änderungen lassen sich die Lehrersprüche so formulieren, dass sie sich aus der Sicht eines Schulkinds an die Lehrkraft wenden. In einer Klasse melden sich viele Kinder gleichzeitig oder sprechen den Lehrer direkt an. Der bittet um Ruhe, damit er sich einem Kind widmen kann. Ein anderes kommentiert: „Den Herren der Schöpfung liegt das Multitasking ja nicht.“ Eine junge Lehrkraft steht der Disziplinlosigkeit einer Klasse hilflos gegenüber. Sagt eines der Kinder: „Steh’n Sie nicht rum wie ein Gartenzwerg. Tun Sie was.“ Wie fühlt sich das an? WOLFGANG GERSTER, Braunfels
SPD wiederholt Fehler
■ betr.: „Grundwert Kohle“, taz vom 21. 11. 13
Die Kohle-Anzeige und das Verbot einer Sonnen-Anzeige im Vorwärts ist der endgültige Beweis, dass die SPD Fehler wiederholt: In den 1970er Jahren setzte sie auf Atom und heute auf Kohle, statt auf Sonne und Wind. Die Energiewende wird dadurch um Jahrzehnte verlangsamt. Je schneller aber die Energiewende vorangetrieben würde, desto schneller würde Deutschland einen großen Wettbewerbsvorteil erzielen. Schon heute sind die Stromproduktionskosten der Windkraft an guten Landstandorten billiger als die von Kohle, die der Solaranlagen werden dieses Ziel in circa zehn Jahren erreichen. Schon heute kann eigenerzeugter Sonnenstrom zu circa 60 Prozent mit heutiger Speichertechnologie selbst genutzt werden. In etwa zehn Jahren zu 100 Prozent. Dann aber werden die neuen Kohlekraftwerke noch 40 Jahre laufen. ARTUR BORST, Tübingen