LESERINNENBRIEFE :
Geburtshilfe ist Grundversorgung
■ betr.: „Sylter Geburtshilfe-Modell ist gescheitert“, taz.nord vom 24. 12. 13
Ich vermisse in der taz ein Hinterfragen, warum die Hebammen sich aus dem Sylter Kreißsaal zurückziehen. Asklepios hat ganz geschickt die Kriterien für eine mögliche Entbindung auf Sylt hochgeschraubt, sodass nahezu jede Schwangere eine Risikoschwangere war und somit sowieso aufs Festland zur Entbindung hätte verlegt werden müssen. Ferner wurden Modelle wie „Geburtshaus in der Asklepios“ einfach besseren Wissens von Asklepios rausgehauen, um die Bevölkerung zu beschwichtigen. Aber jede Hebamme MUSS so etwas ablehnen, wenn sie nicht schon mit der ersten Komplikation im Gefängnis landen will… Das Versagen liegt auf der Seite des Landes – Asklepios muss in die Pflicht genommen werden und zusätzlich muss uns allen klar werden, dass Geburtshilfe rein gar nichts mit Wirtschaftlichkeit zu tun haben kann – Geburtshilfe gehört wohnortsnah zur Grundversorgung ohne Wenn und Aber! Von der Hausgeburtshilfe brauchen wir hier gar nicht mehr zu sprechen! Wenn wir uns jetzt als Gesellschaft schon angucken, wie reihenweise geburtshilfliche Stationen im ländlichen Raum schließen – für alle, denen es bis jetzt nicht klar war: das kommt nicht wieder und auch wir Hebammen kommen nicht wieder. Wir sind hochqualifizierte, selbstbewusste, wissende und weise Frauen größtenteils mit Abitur – ich bin doch bescheuert, unter diesen Bedingungen und mit der Verantwortung (30 Jahre regresspflichtig!) für den Mindestlohn zu arbeiten, da gehe ich doch lieber nochmal studieren. Meine Gedanken und mein Respekt sind bei den Sylter Hebammen, die die letzten Monate alles gegeben haben, um den Wegfall der Sylter Geburtshilfe zu verhindern. MARTJE SEEMANN, Hebamme, Tetenbüll