LESERINNENBRIEFE :
Geburtshilfe auf dem Land
■ betr.: „Der Aufschrei der Hebammen“, taz vom 25. 6. 10
Eure Beiträge sind ganz auf die Situation in den Ballungszentren konzentriert. Hier gibt es freiberufliche Hebammen, die Geburten zuhause, im Geburtshaus oder als Beleghebammen in Kliniken betreuen, und daneben angestellte Hebammen in Kliniken. Die Wahlfreiheit der Frauen steht auf dem Spiel, wenn das Problem der Haftpflicht nicht gelöst wird. Schlimmer ist es aber noch auf dem flachen Land, wo auch viele kleinere Kliniken ihre geburtshilflichen Abteilungen ganz im Belegsystem betreiben. Hier sind die Klinikhebammen freiberuflich tätig, also von der Haftpflichtproblematik betroffen. In dieser Situation ist nicht nur die freie Wahl der Frauen gefährdet, sondern gleich die „wohnortnahe“ geburtshilfliche Versorgung als Ganzes. Diesen Aspekt stellt die e-Petition des DHV in den Mittelpunkt. Wenn den kleinen Kliniken die freiberuflichen Hebammen abhandenkommen, dann wird so manche Abteilung ganz geschlossen werden. DOROTHEA TEGETHOFF, Kleinmachnow
Kein positiver Freiheitsbegriff
■ betr.: „Freiheit, die ich meine“, taz vom 26. 6. 10
Wofür so viel Worte, um Gauck nachzurechnen, dass er keinen positiven Freiheitsbegriff hat? Er ist Theologe. Ein Theist wird immer, so studiert er auch sein mag, dem Weltbild der Gotteskindschaft verhaftet bleiben und damit ein Reservat für sich behalten – und vor allem jedem Mitmenschen zumuten –, in dem der Einzelne nur seinem Gott verantwortlich ist. Erst in einem modernisierten Weltbild, wo „Der Mensch“ endlich mal sich selber gegenüber verantwortlich ist (als Einzelner und als aneinander partizipierende Gemeinschaft, denn mit Wegfall der Gotteskindschaft wird auch erst der Weg frei zu einem entideologisierten Identitätsbegriff), entsteht die Möglichkeit allmenschlicher Solidarität, die dann auch zu gesellschaftlicher Gestaltung führt, ob man dies nun partizipative Freiheit nennt oder ob man, wie in Rudolf Steiners „sozialer Dreigliederung“, die Trias von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in ihrer Sinnhaftigkeit entdeckt. Die reservierte Fremdbestimmung des Theisten verunmöglicht ihm (bzw. seinen Opfern), soziale Ideen zu entwickeln, in denen der Mensch als ganzer aufgehoben ist. MARTIN CUNO, Siegen
Rote Karte für Atomkraft
■ betr.: „Atomkonzerne drohen mit Stellenstreichung“,taz vom 24. 6. 10
Atomkraftbetreiber setzen im Poker um hohe Gewinne auch Werte ein, die ihnen nicht gehören. Sie riskieren das Leben von Menschen, die sich über 40.000 kommende Generationen meist nicht einmal dagegen wehren können, und viele Billionen Euro Schadenssumme, die im Fall eines Reaktorunglücks fällig würden. Sie nehmen also ständig einen virtuellen Kredit in Anspruch, der jederzeit fällig werden und sich dann als faul erweisen kann. Dagegen wäre die aktuelle Finanzkrise eine kleine Unpässlichkeit. Sie gehen bewusst kaum betriebswirtschaftliche Risiken ein, sondern volkswirtschaftliche. Mit dieser Strategie vervielfachen sie ihre Kraft, können künstlich billig produzieren und exorbitante Gewinne einfahren, die dann ganz selbstverständlich privatisiert werden.
Es wäre ein Gebot politischer Klugheit, diese Form der Energiegewinnung so rasch wie möglich zu beenden. Aber machen wir uns nichts vor: In ihrer komfortablen Situation werden die Atomkraftbetreiber alles tun, um jede Änderung zu blockieren. Ginge es nach ihrem Willen, würden ihre Meiler ewig laufen und am besten noch neue hinzukommen. Daher sollten wir den AKW-Betreibern den Kredit kündigen. Wir wollen ihr Foulspiel nicht länger dulden! Rote Karte der Atomkraft! M. DASCHNER, Berlin