LESERINNENBRIEFE :
Unterstützer sind Mittäter
■ betr.: „Ich habe nichts vertuscht“, taz vom 13. 12. 10
Die Art und Weise, wie Enja Riegel sich aus ihrer Verantwortung als Schulleiterin der Helene-Lange-Schule stiehlt, wirft viele Fragen auf. Warum hat sie denn keine Strafanzeige gegen den pädophilen Lehrer Hajo Weber erstattet? Warum hat sie ihm stattdessen – wie sie selbst sagt – unter bestimmten Umständen weiterhin Zugang zu der Schule und den Kindern gewährt? Weil er so ein guter Fotograf ist? Ein so guter Fotograf, dass jetzt jede Menge kinderpornografische Bilder im Wiesbadener Stadtarchiv gefunden wurden? Und warum zeigt sie so auffallend viel Mitgefühl für Hajo Weber und so gar kein Mitgefühl für die von ihm jahrelang missbrauchten Kinder? Wie naiv ist Riegel eigentlich, wenn sie glaubt, den Versicherungen eines Pädophilen trauen zu können, wie sie im Falle von Gerold Becker angibt?
Der Fall der Helene-Lange-Schule zeigt einmal mehr, dass Pädophile oft genug nicht im luftleeren Raum agieren, sondern ein gut funktionierendes Unterstützersystem haben, das sie deckt und ihnen den ungehinderten Zugang zu Kindern ermöglicht. Für mich sind diese Unterstützer Mittäter der pädophilen Täter, denn sie schaffen die Bedingungen, die den sexuellen Missbrauch an Kindern möglich machen. Mit einem solchen Umfeld können Pädophile oft jahrelang Kinder sexuell ausbeuten und niemand will etwas mitbekommen haben. Die Mittäter handeln vermutlich oft aus falsch verstandenem Gutmenschentum; sie stehen aber trotzdem in der Verantwortung für die ihnen anvertrauten Kinder. Insofern macht Enja Riegel es sich jetzt sehr leicht, wenn sie zur Rechtfertigung versucht, sich auf ihre eigene Naivität und Blauäugigkeit zu berufen. Da gilt der alte Juristenspruch: „Dummheit schützt vor Strafe nicht!“
Es bleibt festzustellen, dass schon viel gewonnen wäre, wenn alle, die mit Kindern zu tun haben, ein offenes Auge haben und sich ihrer Verantwortung stellen. Es sollte auch dem Letzten mittlerweile klar sein, dass sexueller Missbrauch kein Kavaliersdelikt, sondern ein Verbrechen ist. Und egal, wie viel Charme im Einzelfall ein Pädophiler haben mag – man darf ihn nicht in die Nähe von Kindern lassen! SABINE MEHLEM, Bremen
Eine makabere Inszenierung
■ betr.: „In Zeiten der Restauration“, tazzwei vom 14. 12. 10
Der Besuch des Ehepaars Guttenberg in Afghanistan ist reine Profilierungssucht. Ich finde diese makabere Inszenierung an der Kriegsfront einfach geschmacklos und wenig hilfreich, die Probleme vor Ort wirklich zu lösen. Sie erinnert an vergangene Zeiten im dunkelsten Kapitel unserer Deutschen Geschichte, vor allen Dingen, was die Instrumentalisierung der Medien angeht. Jetzt fehlt nach der Talkshow mit Johannes B. Kerner nur noch, dass das Fernsehen den Musikantenstadl aus Afghanistan sendet oder gar ein Wunschkonzert zu Weihnachten veranstaltet! Mit solchen durchschaubaren Manövern gewinnt man keine Akzeptanz in der Bevölkerung für den überflüssigen deutschen Kriegseinsatz! THOMAS HENSCHKE, Berlin
Keine selbstverständliche Therapie
■ betr.: „Gentests eingeschränkt erlaubt“, taz vom 14. 12. 10
Sowohl der Gesetzesentwurf der PID-BefürworterInnen als auch die Berichterstattung darüber setzen voraus, dass es sich bei künstlicher Befruchtung außerhalb des Mutterleibs um ein medizinethisch nicht fragwürdiges Verfahren handelt. Dem ist nicht so, und aus guten Gründen lehnen beispielsweise die Kirchen, bei allem Verständnis für den berechtigten Kinderwunsch der Betroffenen, künstliche Befruchtung ab. Diese übt zusätzlichen Druck auf kinderlose Frauen aus, alles Menschenmögliche zur Beseitigung ihres Status zu unternehmen. Andererseits wird in der Öffentlichkeit ausgeblendet, dass künstliche Befruchtung mit erheblichem psychischem Stress und großen physischen Belastungen und Risiken für die Patientin verbunden ist. Und es ist nach wie vor nicht geklärt, warum künstlich herbeigeführte Schwangerschaften häufiger als natürlich entstandene mit Fehl- und Totgeburten enden bzw. die Kinder Fehlbildungen aufweisen. Nicht zuletzt deswegen fordern radikale PID-BefürworterInnen, jeden künstlich gezeugten Embryo zu untersuchen. Ebenfalls unzureichend geklärt ist der Umgang mit „überzähligen“ Embryonen. Und wie gehen wir damit um, dass bei künstlicher Befruchtung häufig Mehrlingsschwangerschaften entstehen mit dem damit verbundenen Frühgeburtsrisiko, das wiederum zu einem erhöhten Risiko von Sauerstoffmangel, Behinderung und kindlicher wie elterlicher Traumatisierung führt?
Die künstliche Befruchtung ist keine selbstverständliche medizinische Therapie, sondern ein zu diskutierender medizinischer Eingriff in die menschliche Fortpflanzung. ANJA PETERS, Neubrandenburg