LESERINNENBRIEFE :
Häschen als Weihnachtsgeschenk
■ betr.: „Im Jahr des Tigers: Wir warten auf das Christkind“,taz Wahrheit vom 23. 12. 10
Christian Y. Schmidt hat zwei entscheidende Dinge vergessen: Im Jahr des Tigers macht das Warten aufs Christkind in China besonders viel Freude, weil allüberall die Weihnachtshasen auf den Verkaufsständen blitzen. Anfang Februar beginnt hier das Jahr des Hasen und die rotgoldenen Häschen sind ein beliebtes Geschenk.
Und als Mitverantwortliche für den Weihnachtsmarkt auf dem Gelände der Deutschen Botschaft lege ich Wert darauf, dass die Schlange aufgrund der Sicherheitsmaßnahmen entsteht. Wir wollen Enge und Panik vermeiden und schaffen das auch. Wir, das sind deutschsprachige Frauen – nicht die Botschaft –, und vor allem geht es uns um einen anderen Weihnachtsaspekt denn Glühwein und Bratwurst: 50.000 Euro für sechs chinesische Sozialprojekte in Peking. Nächstenliebe hat nichts mit Gefühlsduselei zu tun.
HENNY DIRKS-BLATT, Peking
Bekenntnis zur Religionsfreiheit
■ betr.: „Populismus. Autoritäre Atheisten“ von Daniel Bax,taz vom 23. 12. 10
Es ist komplett falsch, die Islamfeindlichkeit als ein Problem zu thematisieren, dem mit Laizismus begegnet werden könnte. Die Linke bekennt sich zum Gedanken der Aufklärung und steht für eine klare und im Vergleich zu den aktuellen Verhältnissen stärkere Trennung von Staat und Kirche. Dies setzt sie zum Teil auch politisch um, wie der Autor selbst ausführt. Aber sie hat ihre Wurzeln auch in einer demokratischen Erneuerungsbewegung innerhalb einer kommunistischen Blockpartei. Sie will die Fehler und Verbrechen des sogenannten Realsozialismus nicht wiederholen. Daraus folgt auch ein klares Bekenntnis zur Religionsfreiheit, die nebenbei bemerkt ein Grundrecht in der BRD darstellt.
Die in Deutschland forcierte und hofierte Islamfeindlichkeit dagegen ist im Kern nichts anderes als politisch korrekt gekleideter Rassismus. Und der hat einen ganz anderen Hintergrund als den Islam: Wir leben im Klassenkampf und die Bourgeoisie ist dabei, diesen Klassenkampf zu gewinnen. Diese Aussage kommt nicht etwa von Sarah Wagenknecht, sondern vom amerikanischen Multimillionär Warren Buffet. Die Folge ist eine Gesellschaft, in der die Gegensätze zwischen Arm und Reich immer stärker werden und die Unzufriedenheit der Ausgegrenzten ein Ventil braucht. Es braucht ein für die Bourgeoisie ungefährliches Feindbild, um die Ausgegrenzten davon abzuhalten, auf die Barrikaden zu gehen. Diesem Problem kann man aber nur begegnen, indem man die Verhältnisse überwindet, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Indem man versucht, die Islamophobie durch eine diffuse absolute Religionsfeindlichkeit zu hofieren, wie dies der Autor vorschlägt, wird man diesem Problem nicht gerecht.
SVEN WEINBERG, Friedberg
Schule soll militärfreie Zone sein
■ betr.: „Werbung. Kriegseinsatz im Klassenzimmer“,taz vom 21. 12. 10
Ich bin in der DDR aufgewachsen und in die Schule gegangen. Zu meiner Schulzeit gab es in der Oberstufe das reguläre Fach „Wehrkundeunterricht“, wo Offiziere in die Klasse kamen und uns im normalen Schulunterricht erklärten, wie toll die Armee ist. Ich bin froh, dass das vorbei ist.
Und was lese ich nun über mein Heimatland Sachsen? Wehrkundeunterricht reloaded, oder was? Ich möchte nicht, dass in der heutigen Zeit die Bundeswehr an die Schulen geht und für sich wirbt. Mittlerweile rekrutiert die Bundeswehr mit „tollen“ Infoständen schon auf diversen Jugendmessen, Buchmesse Leipzig etc. für sich als tolle Truppe.
Die Schulen sollen militärfreie Zone sein! Hoffentlich wehren sich die Schulen und SchülerInnen gegen diese „Zwangsbeglückung“. MONIKA LAZAR, Leipzig
Homophobie in Kirche und Staat
■ betr.: „Evangelikale. Die religiöse Zumutung“,tazzwei vom 21. 12. 10
Martin Reichert setzt Volker Kauder und die Evangelikalen mit „der Kirche“ gleich, die Alternative sei der „Säkularismus“; das ist nicht nur bedauerlich, das ist leider auch genauso borniert, wie diese sind. Natürlich gibt es die üble Tradition der Homophobie in der Kirche, aber die hat es im Staat genauso gegeben, und will Reichert den deshalb abschaffen?
Genau wie in der Gesellschaft ändert sich in Deutschland auch in der Kirche langsam, aber stetig die Haltung zur Homosexualität, wie zur Sexualität überhaupt. Das ist ein Prozess, in dem wir mittendrin sind. Die Evangelikalen spielen innerhalb der evangelischen Kirchen ungefähr die Rolle der Unions-Rechten und sie sind eine kleine Minderheit bei uns.
Einen „Säkularismus“ als die humane Alternative zum deutschen System hinzustellen, ist zwar in manchen Kreisen sehr populär. Aber dieser „Säkularismus“ ist eine Träumerei. In der Realität kenne ich in Europa genau zwei Staaten, die sich den „Säkularismus“ auf die Fahnen geschrieben haben: Frankreich und die Türkei. Und in beiden kann ich keine humanere oder tolerantere Haltung, als in Deutschland üblich, entdecken. In beiden ist auch der Schutz von Minderheiten eher ein Alptraum. Leider.
STEFFEN TUSCHLING, Pastor, Osnabrück