LESERINNENBRIEFE :
Eine deutsche Lachnummer
■ betr.: „S-Bahn in Kältestarre“, taz vom 4. 1. 11
Vor über 100 Jahren begann der Aufbau eines der vorbildlichsten Verkehrssysteme der Welt: die Berliner S-Bahn. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sie sich durch die Arbeit zig-tausender Berliner zu einem der Vorzeige-Objekte dieser Stadt. Die „Einheimischen“ bekamen ihretwegen glänzende Augen, Touristen schwärmten von diesem Verkehrsmittel, das ihnen das Kennenlernen Berlins verschönte und vereinfachte. Bei den Berlinern sind aus den glänzenden Augen feuchte Augen geworden, die Touristen sind erschüttert, wie Geldgier und Miss-Management aus dem zuverlässigsten und schnellsten Verkehrsmittel der Stadt eine Abenteuer-Bahn werden ließen. Personalabbau, Materialeinsparungen und unterlassene Wartung bei gleichzeitiger massiver Kapitalentnahme zugunsten des Mutterbetriebes Deutsche Bahn machen derzeit die Berliner S-Bahn zu einer deutschen Lachnummer.Gebt endlich die S-Bahn den Fahrgästen wieder zurück und schickt die Verantwortlichen in die Wüste. ANDREAS KUBE, Berlin
Welche Verträge haben Manager?
■ betr.: „S-Bahn in Kältestarre“, taz vom 4. 1. 11
Beamte legen einen Diensteid ab, Soldaten ein Gelöbnis, Arbeitslose müssen eine Eingliederungsvereinbarung unterschreiben, Sekretärinnen stehen in einem „besonderen Treueverhältnis“ zu ihrem Arbeitgeber – um nur einige Beispiele zu nennen. Fehlhandlungen führen zu Disziplinarstrafen, Leistungssperren oder gar zur Entlassung – der Verzehr einer eigentlich zum Wegwerfen gedachten halben Schrippe nach ausgiebigem Gelage der Chefs mit anschließender Entlassung der Sekretärin ist noch in Erinnerung.
Welche Verträge haben eigentlich „Manager“? Gegen die Wand gefahrene Unternehmen werden hier nicht geahndet, sondern führen zu einem opulenten Ruhestand oder einer anderweitigen sicheren Anstellung. Die eigentlich Verantwortlichen bei der S-Bahn lassen plakativ Köpfe rollen, nachdem sie durch ihre Vorgaben das Desaster erst provoziert haben. Man muss sich Gedanken machen, ob die Vertragsschließenden – unter Teilnahme der Bundesregierung als Teilhaber der Deutschen Bahn – hier ein Vertrags-Monopol zu Lasten des zahlenden Verbrauchers ausnutzen. Das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie wird jedenfalls durch derartige Vorgänge schwer erschüttert! Es wieder herzustellen, wird eine der wichtigsten Aufgaben in diesem Wahljahr 2011 sein. Ich überlege, ob ich zum ersten Mal seit 1967 einer Wahl fernbleiben werde. OTTO EIGEN, Berlin
Ein umfassender Auftrag
■ betr.: „Wir müssen an unsere Grenzen gehen“, taz vom 4. 1. 11
Zwei Protagonisten (Jens Stiller, Cordula Heckmann) der Berliner Schulen und Schulpolitik, „die es wissen müssen“ (laut taz), erwähnen in ihren Beiträgen mit keinem Wort die Herausforderung, die inzwischen rechtsverbindliche UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen. Die Herausforderungen für die Schulen sind ja nicht „nur“ Leistung/Pisa plus Integration von Schülern unterschiedlicher Herkünfte, wie Jens Stiller richtig aufzählt, sondern eben auch die Inklusion von Menschen unterschiedlicher Behinderungen. Bei der „Herkulesaufgabe der individuellen Förderung und Forderung: Binnendifferenzierung – aber wie?“ geht es um einen umfassenden Auftrag, bei dem kein Aspekt vergessen oder auch dem anderen vorangestellt werden kann (z.B. bei Behinderten-Inklusion Herkünfte vernachlässigen, oder umgekehrt). ANJA KÖHNE, Berlin