LESERINNENBRIEFE :
Feindselige Sticheleien
■ betr.: „Kurioses Gezerre um Sanktionen“, taz vom 12. 9. 14
Putin hat mit dem Asyl für Edward Snowden ein essenzielles Fundament der US-Politik erschüttert, weshalb Russland in den Club der Schurkenstaaten eingeordnet wird: Die EU- und Nato-Vasallen werden zu feindseligen Sticheleien gegenüber Russland gezwungen, was erhebliche politische und wirtschaftliche Schäden für beide Seiten verursacht und gleichzeitig die imperiale Stellung Amerikas festigt. Das Heimtückische daran ist, dass die USA ihre „Freunde“, ebenso wie in der NSA-Affäre, demütigen. Wo bleiben die Reaktionen unserer Staatenlenker? NORBERT RAITH, Kötz-Ebersbach
Ursache und Wirkung
■ betr.: „Das war kein Sieg des Westens“, Interview Jack Matlock, „Mashallplan für die Ukraine“ v. S. Worschech, taz vom 8./11. 9. 14
Es ist erfreulich, dass Susann Worschech einmal beleuchtet hat, welche innenpolitischen Implikationen dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland zugrunde liegen. Ein erfolgreicher Demokratisierungsprozess in der Ukraine ist die eigentliche Bedrohung, die Putin fürchten muss. Weswegen er alles unternimmt, damit der mögliche gesellschaftliche und politische Wandel beim „Brudervolk“ scheitert. In der aktuellen Debatte reduziert sich die Analyse des Konflikts allerdings immer wieder auf rein außenpolitische Aspekte. Die Fokussierung auf die Frage, welche Rolle das Verhalten des Westens in Bezug auf Putins Handeln spielt, halte ich für eine völlige Verengung der Sichtweise in der Debatte. Das gilt auch für das Interview mit Jack Matlock, in dem es wieder einmal hauptsächlich darum geht, inwieweit der Westen hinsichtlich seiner Ukraine-Politik russische Sicherheitsinteressen ignoriert hat. Diese Thesen sind ja bekannt, werden aber auch durch die Wiederholung eines 84-jährigen US-Diplomaten nicht richtiger. Darüber hinaus ist das, was Jack Matlock sagt, auch widersprüchlich. Auf der einen Seite macht er die Nato-Osterweitung für Putins Verhalten im Ukraine-Konflikt verantwortlich. Andererseits hält er die Aufnahme der osteuropäischen Länder in die Nato mit Ausnahme von Rumänien und Bulgarien für richtig. Das verstehe, wer will, zumal die Nato-Osterweiterung im Kern bereits vor zehn Jahren abgeschlossen war. Außer Acht gelassen werden alle diplomatischen Bemühungen, Russland in eine Sicherheitsarchitektur für Europa einzubeziehen, also all das, was in der Nato-Russland-Grundakte festgelegt wurde, zum Beispiel eine Begrenzung von Truppenstationierungen in den östlichen Nato-Ländern. Mit seiner Aggression gegenüber der Ukraine hat Russland allerdings selbst massiv gegen diese Grundakte verstoßen. Unerträglich finde ich, dass Matlock die Annexion der Krim durch Russland mit der dort durchgeführten Abstimmung zu legitimieren versucht. Wir wissen, unter welchen völkerrechtswidrigen Bedingungen diese Abstimmung erfolgt ist. Als weiterer Kritikpunkt wird der US-Raketenabwehrschirm gegen den Iran angeführt, der ab 2008 in Polen installiert wurde und den die Bush-Administration zu verantworten hat. Es ist jedoch nicht erwiesen, dass sich diese Anlage auch gegen Russland richtet. Die russische Kritik daran ist wohl auch als ein Abwehrreflex aus den Zeiten des Kalten Krieges zu verstehen, in denen atomare Abschreckungsstrategien und das sog. Gleichgewicht des Schreckens das politische Denken beherrschten. Dass die Amerikaner diese Anlage trotz russischer Proteste installierten, war bestimmt ein etwas unsensibler Vorgang. Trotzdem existiert die von Matlock behauptete Feindseligkeit des Westens gegenüber Russland meines Erachtens überhaupt nicht. Sollte diese im Entstehen begriffen sein, wird sie wohl erst durch Putins Verhalten provoziert. Hier verwechselt Matlock Ursache und Wirkung. HARTMUT GRAF, Hamburg
Für eine gerechtere Gesellschaft
■ betr.: „Jedem seinen eigenen Staat“, taz vom 12. 9. 14
Der Autor dieses Artikels scheint nicht viel über Schottland zu wissen. Sonst hätte er bemerkt, dass die Unabhängigkeitsbewegung von einer links-fortschrittlichen Grassroot-Bewegung getragen wird. Die jüngste Geschichte des Vereinigten Königreichs brachte die Einführung von Margaret Thatchers Neoliberalismus (US-Stil), weiter praktiziert von Neu-Labour. Dies führte zu einer starken Vergrößerung des Unterschieds zwischen Arm und Reich mit einem Nord-Süd-Gefälle. In Schottland wollen die Separatisten eine gerechtere Gesellschaft, inklusive revidierter Besteuerung, ein faireres Wahlsystem, keine Privatisierung des NHS (allgemeine staatliche Gesundheitsversorgung), keine Atombombe, mehr Immigranten und vorrangig Selbstbestimmung. Es geht nicht um altmodischen „Blut und Boden“-Nationalstolz. Es geht um das Selbstbestimmungsrecht kleiner Nationen, von denen es ja viele gibt in der Europäischen Union. Erstaunlicherweise wird dies nicht mit Schwertern oder Gewehren erkämpft, sondern mit einer demokratischen Abstimmung. Wir sind deshalb sehr enttäuscht von Wernings Beurteilung, die wir von der progressiven taz anders erwartet hätten.
HELGA RHEIN, Edinburg, Schottland
Der Lärmpegel steigt
■ betr.: „Der Traum vom Fliegen“, taz vom 13. 9. 14
Die fliegenden Roboter. Ja, mag sein, dass damit stumpfsinnige Jobs wegfallen. In Kombination mit einem Grundeinkommen sicher wertvoll, wenn die Dinger in Lagerhallen fliegen. In dem Artikel wird nur im Nebensatz der Lärm angesprochen, der damit auch auf uns zukommt. Man stelle sich vor, die Dinger fliegen mit Paketen durch die Gegend, wo doch schon jetzt Rasenmäher, Blätterpuster und anderes Gerät den Lärmpegel hoch halten. BERND KUCK, Bonn