piwik no script img

Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Um 20 Jahre verrechnet?

■ betr.: „Mann ohne Unterleib“, taz vom 23. 9. 14

Warum Herr Lautenschläger mit mathematischen und physikalischen Berechnungen zu glänzen versucht, die schon eine einfache Überschlagsrechnung ad absurdum führt, ist mir ein Rätsel: Der Kopf eines 19 Meter hohen Denkmals kann nicht nur 480 Kilogramm wiegen. Das Denkmal selbst wiegt auch nicht nur 3,5 Tonnen, sondern circa das Zehnfache, folglich können auch (abzüglich Kopf) nicht nur „Drei Tonnen Marmor im Sand“ verbleiben. Das Denkmal besteht nicht aus Marmor, sondern aus Granit. Und letztlich trifft er wohl selbst mit dem „Herstellungsjahr“ 1950 um knapp 20 Jahre daneben, da das Gesamtprojekt „Leninplatz“ erst in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre von Hermann Henselmann überhaupt entworfen und umgesetzt wurde wurde. ANDRÉ MAIER, Berlin

Vertreibung der Armen

■ betr.: „taz-Serie Schillerkiez: Brave new Neukölln“, taz. de vom 24. 9. 14

Der Neuköllner Baustadtrat Thomas Blesing hat von nichts ’ne Ahnung und hat zum Thema Gentrifizierung auch schon verlauten lassen, die Leute sollten doch lieber dankbar sein, dass sie so lange im Kiez wohnen durften, anstatt sich jetzt zu beklagen, dass sie ihn sich nicht mehr leisten könnten.

Herr Zerowsky vom Quartiersmanagement springt arg kurz, wenn er meint, die Gentrifizierung beginne erst mit dem Zuzug der „Reichen“. Sie beginnt mit der Vertreibung der Armen. Diese ist im Schillerkiez in vollem Gange. Die Anzahl der ALG-II-Empfänger im Kiez ist in den letzten Jahren signifikant gesunken und eine Gegenbewegung wird es nicht mehr geben. Zuziehen kann nur noch, wer sich Kaltmieten von bis zum Doppelten des Mietspiegels leisten kann. Ob diese Leute reich sind oder nur wohlhabend genug, um sich das leisten zu können, ist für die Verdrängung irrelevant. Max Mutzke, taz.de

Wettbewerb der Staaten

■ betr.: „Landesväter: Ein Amt mit Aussicht“, taz.de vom 22. 9. 14

Sehr geehrter Herr Uwe Rada, mag sein, dass ich eine andere Sichtweise und Erfahrungserlebensweise habe als Sie und viele andere. Da ist jedoch noch etwas, was sich abzeichnet, als nur der Wettbewerb zwischen den Berliner Bezirken. Da war nämlich auch der Wettbewerb der Städte untereinander, die die Wirtschaft und Industrie einschließlich Arbeitskräften lockten und lockten – mit Subventionen und Sonstigem. Es gab seit Jahren auch den Wettbewerb der 16 Bundesländer untereinander.

Und heute? Heute gibt es den Wettbewerb der 28 EU-Staaten untereinander sowie den Wettbewerb zwischen USA, Kanada und Europa – siehe TTIP, Ceta und andere Freihandelsabkommen zwischen Staaten einschließlich der geplanten und peu à peu vorbereiteten Agenda 2020.

Dabei machen alle Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft, Handel und Industrie, Kunst und Kultur, Wissenschaft und Forschung gerne mit. In Deutschland und Europa! Auch diejenigen, die jetzt gerne Regierender Bürgermeister von Berlin werden wollen.

Und jetzt sehe ich mir weiter die irgendwie aufklärenden Überlegungen der Franzosen auf arte an bezüglich Steuerpolitik und der Frage „Was kostet die Demokratie?“. Zwecks Weiterbildung oder ein bisschen mehr Aufklärung. Ich mag die Franzosen. GERDA FÜRCH, Berlin

Kein Bewusstsein für Not

■ betr.: „Bezirk droht obdachlosen Familien: ‚Rumänien ist viel schlimmer‘“, taz.de vom 21. 9. 14

Ich kann das repressive Vorgehen des Ordnungsamts bestätigen. Ich habe beobachtet, wie Mitarbeiter des Ordnungsamts nachts um 00.40 Uhr die Leute aus dem Schlaf gerissen haben. Ein andermal haben sie die Leute abends gezwungen, ein Zelt abzubauen, in dem vier Kinder etwas Schutz vor der Witterung finden sollten.

Ich habe die Ordnungsamtsmitarbeiter darauf angesprochen, und es gab praktisch kein Bewusstsein, dass sie es hier mit Menschen in einer sozialen Notlage zu tun haben. Ich finde es schlimm, dass die Grünflächenverordnung offenbar um jeden Preis durchgesetzt werden muss. STEFAN DOLD, taz.de

Müll und Ratten für alle

■ betr.: „Cuvry-Brache in Kreuzberg geräumt: Berlins Favela ist nicht mehr“, taz.de vom 19. 9. 14

Jahrelang war es für jedermann möglich, diese Brache für ein stilles Sonnenbad, einen romantischen Abend am Wasser oder zum Toben mit den Kindern zu nutzen. Bis eine Handvoll Menschen kam und das Gelände okkupierte, mit dem Slogan: „Freiraum für alle!“ Schluss war’s mit der freien Nutzung für die Anwohner und Gäste. Statt Freiraum für alle gab’s frei Müll und Ratten für alle. Und nun wird das Gelände gesichert und steht bis zur Bebauung niemandem mehr zur Verfügung. Danke an die Okkupanten. oscar111, taz.de

Kein Ort für Kinder

■ betr.: „Cuvry-Brache in Kreuzberg geräumt“, taz.de vom 19. 9. 14

Also, dass das kein Ort war, um Kinder großzuziehen, hat sogar das Bezirksamt erkannt und gedroht, im Zweifel die Kinder aus den Familien zu nehmen, wenn sie länger dort bleiben. Insoweit dürften gleich zwei Probleme auf einmal vorläufig gelöst sein.

Wo die Familien aber jetzt leben werden, ist damit natürlich nicht beantwortet. Es kann aber für die Kinder eigentlich nicht schlechter werden, wenn sie irgendeine Chance haben sollen, sich zu integrieren. Dr. McSchreck, taz.de

Durch Saufen enthemmt

■ betr.: „Justiz in Berlin: Verurteilt – nicht wegen Rassismus“, taz.de vom 24. 9. 14

Mit 2,0 Promille ist auch ein Polizeibeamter zwar einigermaßen betrunken, aber sicher noch Herr seiner Sinne. Und diese haben zweifelsfrei vorhandenen Rassismus freigesetzt. Der entsteht nun auch mal nicht zufällig durch Trinken. Der ist latent in einer rassistischen Birne vorhanden und wird durchs Saufen enthemmt.

Eilige Intuition, taz.de