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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Lieber kürzer als gar nicht

■ betr.: „Zoff zwischen Biobauern und Veganern“, taz vom 6. 10. 14

Wäre ich ein Schwein, ich wollte geboren werden, im Schlamm suhlen, lecker essen, mich sonnen. So lange wie möglich. Aber lieber etwas kürzer als gar nicht. Ich wäre lieber ein irgendwann geschlachtetes Bioschwein auf einem netten Demeter-Hof als in einer veganen Welt gar nicht zu leben. Und das ist die reale Auswahl. Deshalb esse ich Biofleisch. Und nur Biofleisch. Nicht oft, aber mit Genuss.

REBECCA NANSEN, Berlin

Notwendige Diskussion

■ betr.: „Zoff zwischen Biobauern und Veganern“, taz vom 6. 10. 14

Die Diskussion macht deutlich, dass es innerhalb der „Wir haben es satt“-Bewegung, wie in jeder anderen Bewegung, unterschiedliche Interessen und Zielsetzungen gibt. Dabei handelt es sich nicht um Selbstzerfleischung, sondern um eine notwendige Diskussion, da der Tierrechtsgedanke von vielen Teilnehmern der Demo vernachlässigt wird.

Die sogenannte bäuerliche und ökologische Landwirtschaft wird dabei oft überbewertet, schließlich ist es auch kein Fortschritt, wenn Tiere in einem kleineren Betrieb ausgebeutet oder getötet werden. Es ist auch kein bisschen besser, wenn ein getötetes Schwein ein „Bioschwein“ ist. Auch nichtmenschliche Tiere haben ein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Deshalb muss man gegen jede Form von Tierhaltung kämpfen, unter der die Tiere leiden, was leider zurzeit bei nahezu allen Haltungsformen der Fall ist.

Trotz aller Unterschiede sollte man aber auch die Gemeinsamkeiten nicht vergessen, schließlich sind sich die Teilnehmer der Demos einig in der Ablehnung der Massentierhaltung und der Agrarindustrie. Die unterschiedlichen Schwerpunkte der teilnehmenden Organisationen sind kein Problem, sondern tragen zum Erfolg der „Wir haben es satt“-Demos bei. TOBIAS BAUMANN, Ulm

Artenvielfalt würde zurückgehen

■ betr.: „Zoff zwischen Biobauern und Veganern“, taz vom 6. 10. 14

Die selbst ernannten Kämpfer für die Rechte der Haustiere wissen – mangels Kenntnissen von ökologischen Zusammenhängen – wohl nicht, dass die Abschaffung von Haustieren das Aussterben vieler Wildtierarten bedeuten würde.

Viele Wildtiere (Vogelarten, Schmetterlinge, diverse Insektenarten, Mäuse u. a.) sind auf Wiesen und Weiden als Lebensraum, Brutstätte und Nahrungsgrundlage angewiesen. Weiden erhält man aber nur durch Weidetiere, Wiesen nur durch Mähen. Und wer sollte dann das Mähgut nutzen? Der Verdauungstrakt des Menschen – auch der Veganer – kann ja Gras und Heu nicht in nennenswertem Maße verwerten. Und eine so große Masse an Mähgut lässt sich sehr schlecht kompostieren. Es wäre also zur Düngung von Gemüse oder Getreide ungeeignet. Abgesehen davon ist eine Kompostierung auf vielen Grünlandflächen völlig unmöglich: Dazu zählen Feuchtgebiete und Steilhanglagen. Jedes nicht regelmäßig gemähte oder beweidete Grünland entwickelt sich aber zu Wald. Das würde für alle Wildtiere, die auf offene Grünlandflächen angewiesen sind (Ackerflächen sind aufgrund völlig anderer ökologischer Gegebenheiten kein Ersatz!), über kurz oder lang den Tod bedeuten. Verhungern würden natürlich auch die Tiere, die auf Grünlandbewohner als Nahrungsgrundlage angewiesen sind. Man kann Störche nicht zu Veganern machen.

Die Artenvielfalt an Tieren und Pflanzen würde also infolge von nicht mehr genutzten Grünlandflächen enorm zurückgehen. Haben wildlebende Tiere weniger Lebensrechte als Haustiere, die natürlich auch aussterben, wenn sie nicht wenigstens von Biobauern in kleinen Beständen gehalten werden? ANGELA SEMMELROTH, Bonn

Spaß beiseite!

■ betr.: „Anarchie, Terror und Blut“, taz vom 6. 10. 14

Es ist ja dankenswert, dass die taz einer der am schlimmsten ausgebeuteten Kreaturen, der Milchkuh, eine ganze Seite widmet. Aber schon das Bild zeigt, wohin der Hase läuft: Die Kuh guckt blöd, und Helmut Höge merkt nicht, dass der Kuh die Hörner ausgebrannt sind, denn diese Zeichen der Würde eines Rinds stören in enger Stallhaltung. Die Aufzählung von wild gewordenen Kühen, die ausreißen und „ihre“ Landwirte angreifen, ist lang. Warum aber sogar diese friedlichen Riesen wütend werden und ihr Heil in der Flucht suchen, wird nicht erwähnt, obwohl doch genug Platz gewesen wäre.

Das Schlimmste ist die Trennung von Kühen und ihren Kälbern gleich nach der Geburt. Sie rufen tage- und wochenlang nach einander und zeigen alle Zeichen tiefer Trauer. Aber schließlich ist die Milch für den Verkauf da, nicht für die Kälber, das Abfallprodukt unserer Milchproduktion und künftiges Rinderhack. Solcher Terror und solches Blut passen wohl nicht in einen lustigen Sommerloch-Artikel. Kühe werden nur als Milchmaschinen behandelt. 1960 gaben sie jährlich noch 4.000 Kilo Milch, heute sind es 10.000 bis 14.000 Kilo. Wenige Wochen nach einer Geburt werden Kühe wieder besamt, sie bringen also fast immer gleichzeitig die Leistung, schwanger zu sein und Milch zu produzieren. Dass sie das nicht lange aushalten, ist klar: Die „Nutzungsdauer“ tendiert inzwischen zu nur noch 26 Monaten, also zu zwei Geburten beziehungsweise Milchproduktionsperioden – dann kommt mit vier Jahren die „Erlösung“ der völlig abgemagerten und meist kranken Kühe im Schlachthof. Sie wissen also, im Gegensatz zur taz, wovor sie weglaufen oder gegen was sie sich nicht wütend, sondern verzweifelt wehren: ein Hundeleben, das wir in Zukunft besser ein „Kuhleben“ nennen sollten.

WOLFRAM SCHLENKER, Stuttgart