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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Zeit zum Wachwerden!

■ betr.: „Keiner hat’s gewusst“, taz vom 20. 7. 11

Rasierschaum-Anschlag auf Murdoch? In den Titelseiten fast aller großen Tageszeitungen wird von diesem Ereignis berichtet, als wäre es von Bedeutung, dass dieser alte Mann mit Rasierschaum beschüttet wurde. Währenddessen wurde die „Steve Irving“, ein Schiff der Sea Sheapherd Conservational Society, das auf dem Weg zu den Faröer-Inseln ist, um das dort jährlich stattfindende Abschlachten von Walen zu verhindern, auf den Shetland-Inseln festgesetzt. Hierzu findet man in den Online-Medien nichts. Also Zeit zum Wachwerden!

ANDREAS GÖKE, Stegaurach

Wo kein Fisch, da kein Arbeitsplatz

■ betr.: „Arbeitsplätze vor Artenschutz“, taz vom 20. 7. 11

Hoffentlich bleibt die EU stark und setzt das Vorhaben konsequent durch. Wenn Frankreich jetzt nicht den Verstand einschaltet, sind wir nicht nur unsere Fische los, sondern die Fischer ihre Arbeitsplätze. Ein leer gefischtes Meer ist eine Naturkatastrophe ohnegleichen. Wo kein Fisch ist, ist auch kein Arbeitsplatz . Die Fischer vernichten sich selbst. An die Folgen dieser Dummheit mag ich nicht denken.

INGRID PÜTZ, Baunatal

Beispiel Finnland

■ betr.: „Das Schulkartell schlägt zurück“, taz vom 20. 7. 11

In Finnland bemühen sich die staatlichen Schulen so gut zu sein, dass es möglichst keine Neugründungen von Privatschulen mehr gibt, war eine Aussage eines Mitarbeiters im finnischen Schulwesen in einem Workshop über das finnische Schulsystem bei einer Tagung an der Uni Augsburg. Der Erfolg gibt dieser Art von Wettbewerb Recht. MAGDALENA FEDERLIN, Aichach

Unbehindert arbeiten

■ betr.: „Behinderte. Geldgierige Wohlfahrt“ von Rainer Kreuzer, taz vom 15. 7. 11

Wie viele Menschen mit Behinderung sind angestellt bei Ihnen in der Redaktion oder in den anderen Arbeitsbereichen, die Sie benötigen, um Ihre Zeitung unter die Menschen zu bringen? Ich frage, ob Menschen mit Behinderung bei Ihnen angestellt sind, mit denen man nur mit Mimik und Gestik kommunizieren kann, für die man eine leichte Sprache zur Verständigung braucht, die in einer für sie unbekannten Situation aggressiv werden, kurzum Menschen mit Behinderung, von denen man nach einem geregelten Verfahren behauptet, sie seien nicht, noch nicht oder noch nicht wieder fähig, einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einzunehmen. Denn nur solche Menschen mit Behinderung arbeiten in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Sie nennt Herr Kreuzer „arme Seelen“, für die der Staat zahle, und sie seien es, für die ein sicherer WfbM-Platz eine interessante Alternative zur Arbeitslosigkeit sei.

Die grundsätzliche Kritik Herrn Kreuzers an der aussondernden Situation teile ich. Aber die Kritik kann doch nicht denen gelten, die einen WfbM-Arbeitsplatz als Alternative zur Arbeitslosigkeit anbieten. Es sind doch nicht die Träger der Werkstätten und die Wohlfahrtsverbände, die gierig das Geld einstecken wollen, das sie dafür bekommen, dass sie einen Arbeitsplatz anbieten. Wer sonst sollte das tun? Deutschland ist ganz stolz auf seine Produktivität. Solange wir wirtschaften, wie wir wirtschaften, müssen die Menschen ausgesondert werden, die dem Verwertungs- und Produktionsprozess im Weg sind. Da sind ja nicht nur die Menschen mit Behinderung. Das Heer der Menschen, die über Jahre keine Arbeit finden und für die wir mittlerweile auch einen Begriff haben, der leichtfertig über die Zunge geht: „Langzeitarbeitslose“, gehört doch auch dazu. Finanziert werde die Behinderung, nicht deren Überwindung, behauptet Herr Kreuzer. Ein veralteter Begriff von Behinderung lässt sich daran erkennen: Die Beschäftigten in einer WfbM sind zum großen Teil bei ihrer Tätigkeit nicht mehr behindert. Die Arbeitsbedingungen sind so an sie angepasst, dass sie natürlich weiterhin ihre Funktionsstörungen haben. Aber die werden kompensiert. Beschäftigte in einer WfbM arbeiten unbehindert.

Erst wenn es uns gelingt, in der taz-Redaktion einen Arbeitsplatz so einzurichten, dass dort das Gleiche möglich ist, dann können wir mit großer Freude damit anfangen, alle Werkstätten in normale Produktionsstätten und Dienstleistungsbetriebe umzuwandeln.

FRANZ FINK, Freiburg

Auch nur ein kleiner Anfang

■ betr.: „EU-Wirtschaft. Schuldenerlass jetzt“ von Heinz-J. Bontrup, taz vom 18. 7. 11

Welcher Macht haben wir dieses ganze Schauspiel eigentlich zu verdanken? Doch wohl der Übermacht des Geldes und der Ohnmacht der Politik, weltweit. USA-Politiker führen uns gerade vor, wie schnell plötzlich Blindheit den Mega-Crash realistisch erscheinen lässt. Die Reichen und ihre immer größer werdenden Vermögen schonen – dies scheint das oberste Ziel der meisten Staatslenker dieser Welt zu sein. Heinz-J. Bontrop hat es endlich auf den Punkt gebracht, zumindest was die Richtung betrifft: Weltweit sollen die Gläubiger auf 30 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Gut. Aber bei so viel Uneinigkeit allein schon innerhalb der EU wird das wohl ein Traum bleiben. Und die 30 Prozent können im Zusammenhang mit dem erwähnten „Faktor 3“ (Geldmenge / Weltproduktion) auch nur ein kleiner Anfang sein. DIETER STOMPE, Erfurt