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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Eine gewisse Konsequenz

■ betr.: „Ein freiwilliger Missbrauch“, taz vom 21. 1. 15

mal abgesehen davon, dass es mich – und das ja gewollt – bei dieser überschrift schüttelt, finde ich noch viel krasser, wie selbstverständlich dieses unwort „sexueller missbrauch“ seit langen jahren ungehindert in umlauf ist, und das in zeiten von 100-prozentiger politischer correctness. ich frage mich immer: wie sieht bitte schön der positive gebrauch von kindern aus, wenn es einen missbrauch gibt!?

aber wahrscheinlich ist dieser wortgebrauch ja auch einfach nur mal ehrlich. denn was ich gebrauche, über das möchte ich ja auch verfügen. und das gelingt uns meistens oder es misslingt eben. am ende ist das dann vom strafmaß eben nicht mehr als bei einem wiederholten eigentumsdelikt und hat zumindest das dann: eine gewisse konsequenz! HILDEGARD MEIER, Köln

Ökologische Überlastung

■ betr.: „Spagat zwischen Reich und Arm“, taz vom 20. 1. 15

Ich muss leider immer wieder daran erinnern: Viele Texte über ökonomische Sachverhalte, wie auch dieser wieder, stellen „Wachstum“ und „Steigerung der Produktivität“ als anstrebenswerte Ziele dar; es wird zwar über die alte Frage sinniert, ob steigende Produktivität Arbeitsplätze vernichtet oder schafft, aber völlig vergessen, was Wachstum und steigende Produktivität stofflich bedeuten: Nämlich die weitere Steigerung der vielfachen ökologischen Überlastung unseres Planeten. Denn „Produktivitätssteigerung“ heißt: Wir ersetzen menschliche Arbeit und menschliches Denkvermögen durch Einsatz von immer mehr Energie und Material jeder Art. Steigende Produktivität heißt zum Beispiel industrialisierte Fischerei durch immer größere Schiffe mit zerstörerischen Schleppnetzen, weitere Industrialisierung der Landwirtschaft, Produktion und Einsatz von immer mehr IT-Geräten mit entsprechendem Anfall an Müll etc. Energetisch heißt das, dass wir zwar versuchen, einen Teil der fossilen Energieträger durch Erneuerbare zu ersetzen; die aber erfordern zur Wandlung der Wind- und Sonnenenergie ebenfalls riesige stoffliche Aufwendungen (viele haben einen negativen Energie-Wirkungsgrad: Brauchen also zur Herstellung der Geräte für die Wandlung mehr Energie, als sie daraus gewinnen). Auch die scheinbar „entmaterialisierte“ Welt der Software und des Internet braucht unglaubliche Mengen von Energie, mehr als der gesamte globale Flugverkehr.

Wir leben in allen Industrieländern seit Mitte der 1980er Jahre über unsere stofflichen Verhältnisse, was weitaus größere Folgen hat als das Leben über die finanziellen Verhältnisse, das besonders den Griechen vorgeworfen wird. Denn dabei geht es nur um Geld, und dieses Problem ist durch einen Schuldenschnitt ökologisch völlig unschädlich lösbar. Wenn wir uns nicht angewöhnen, die stoffliche Zerstörung unserer Lebensgrundlage mitzudenken, werden wir weiterhin in diesem Irrsinns-Modus des ständigen Steigerungszwangs bleiben. Durch Technik lässt sich zwar einiges effizienter machen, aber eine „Entkoppelung“ ist grundsätzlich nicht möglich, solange wir zur Erzielung von Profit als wesentlichem Zweck des Wirtschaftens das Hamsterrad von Produzieren und Konsumieren immer schneller laufen lassen. Die Lösung des Armutsproblems besteht also nicht nur in radikaler Umverteilung, sondern auch in radikaler Einschränkung von Produktion und Konsum in den industrialisierten Ländern – zu Gunsten der Länder, die mit ihrem ökologischen Fußabdruck unterhalb der Marge liegen, die global für 7,5 Milliarden Menschen verträglich ist mit der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. Wenn das als politisch nicht durchsetzbar angesehen wird, werden uns, wie der Klimaforscher Lutz Wicke formuliert hat, unsere Enkel völlig zu Recht verfluchen, weil sie den von uns angerichteten Kladderadatsch ausbaden müssen.

WOLFGANG NEEF, Berlin

Hirnrissige Argumentation

■ betr.: „Das Comeback der Folter“, taz vom 19. 1. 15

Dass die Menschenrechte in der Wirtschaft nichts zählen, um den Gewinn zu generieren (siehe Artikel in der gleichen Ausgabe „Es gibt keine saubere Kleidung“), ist ein Faktum, das unter dem Deckmantel der Globalisierung praktiziert, entschuldigt und letztendlich auch hingenommen wird. Weshalb sollte die Folter ausgenommen werden, kann man nur provokativ fragen. Und dem allgemeinen Verständnis nachgebend, gibt es Folter ja auch nur in „Schurkenstaaten“. Wer sich aber ein wenig informiert, dem ist bewusst, dass auch da gefoltert wird oder wurde, wo die Menschenrechte verbal hochgehalten werden, also in den „demokratischen westlichen Ländern“ oder Ländern, die vom Westen unterstützt werden. Nun werden die Folterpraktiken in den USA öffentlich, und die Empörung ist groß. Warum eigentlich? Es geht doch um die Verteidigung der Demokratie und der Menschenrechte, so der Tenor, und da sind alle Mittel erlaubt. Welch eine hirnrissige Argumentation: Um die Menschenrechte zu verteidigen, werden die Menschenrechte außer Kraft gesetzt.

ALBERT WAGNER, Bochum

Das ist unsere Privatsache

■ betr.: „Katholiken sind keine Kaninchen“, taz vom 21. 1. 15

Um eins klarzustellen, in unseren Schlafzimmern hat Papst Franziskus rein gar nichts zu suchen. Welche Methoden der Empfängnisverhütung wir anwenden, das ist unsere Privatsache. Kümmere er sich bitte stattdessen lieber um seine sogenannten zölibatären Priester, die in einer pädophilen, homosexuellen und heterosexuellen, außerehelichen Beziehung leben. Da hat er genug zu tun.

ROLAND KLOSE, Bad Fredeburg