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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

V-Leute abschalten? Kein Problem

■ betr.: „NPD-Verbot, jetzt!“, taz vom 30. 11. 11

Das „Abschalten“ der V-Leute sollte doch kein Problem sein. Wie sich gezeigt hat, haben sie zur Aufklärung der Nazi-Morde in keiner Weise beigetragen, viel eher gemeinsam mit dem Verfassungsschutz zu deren Verschleierung. Daher ist es schlicht nicht glaubhaft, wenn Bundesinnenminister Friedrich meint, auf sie nicht verzichten zu können. Durch ein Verbot der NPD könnten auch endlich die ekelhaften Nazi-Aufmärsche, bei denen Gegendemonstranten regelmäßig kriminalisiert wurden, der Vergangenheit angehören. Vielleicht würde dann auch rechte Gewalt als solche erkannt und verfolgt werden. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Finanzeliten haben Ziel erreicht

■ betr.: „Protest tiefer gelegt“ u. a., taz vom 29. 11. 11

Mit der Volksabstimmung, die von den Gegnern nicht gewonnen werden durfte, kann man nun auch vonseiten der Grünen dem Protest die Legitimation endgültig absprechen. Der grün-roten Landesregierung war es nicht möglich, dafür Sorge zu tragen, dass die finanziellen und personellen Mittel im Vorfeld der Abstimmung zwischen Gegnern und Befürwortern des Ausstiegs auch nur annähernd gleich verteilt wurden. Während die Gegner ehrenamtlich und mit geringen finanziellen Mitteln ihren aussichtslosen Kampf führen mussten, schloss sich auf der anderen Seite eine mächtige Allianz zu einer finalen, millionenschweren Wahlkampagne zusammen, um dem Volk das gewünschte Ergebnis abzuringen. Die Profiteure, die Lobbyisten, die „Finanzeliten“ haben ihr Ziel mit kräftiger Unterstützung der ferngesteuerten Politikmarionetten und nicht zuletzt der Stuttgarter Altmedien erreicht. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses haben die Gewinner im Stuttgarter Ratskeller „So sehen Sieger aus“ geschmettert. Sie haben auch allen Grund zur Freude, sie können sich sicher fühlen, sie haben das Volk im Griff. Dass eine Volksabstimmung unter diesen Bedingungen „ein großer Schritt nach vorne“ sein soll, erschließt sich mir nicht. Im Gegenteil, es ist ein entscheidender Schritt zur Etablierung postdemokratischer Scheinverfahren. ANDREA WOLFLINGER, Erdmannhausen

Außenteile der Gesellschaft?

■ betr.: „Ach Papa, nicht schon wieder so viele Äpfel“,taz vom 29. 11. 11

„Also wirkt die protestantische Ethik der Arbeitsgesellschaft noch bei jenen, die nicht mehr Teil dieser Gesellschaft sind?“

leider ist diese frage mehrfach suggestiv, denn sie impliziert (einmal), dass es wirklich außenteile der gesellschaft geben kann (was sie noch suggeriert, darauf gehe ich nicht weiter ein …); das ist aber nicht der fall. ob kulturelle teilhabe oder nicht, jeder in deutschland lebende mensch – ob obdachlos, hartz-IV-empfänger, banker, putze, rentner oder lehrer – ist teil des problems und einer lösung (be)herrschender problemlagen, wie sie im artikel angesprochen werden. wer (frühestens) heute noch davon spricht und denkt, sich oder jemand anderen aus dem „nationalen“ oder „globalen“ oder „europäischen“ system/gesellschaft/kultur/bund/diskurs zu rechnen, lebt in einer nur möglicherweise hehren illusion.

MICHAEL BOLZ, Berlin

Anständigkeit hat ihre Grenzen

■ betr.: „Rechtsextremismus. Die Schule kann es richten“,taz vom 24. 11. 11

Jetzt wird er wieder propagiert, der „Aufstand der Anständigen“. Wer immer dieses Schlagwort erschaffen und verbreitet hat, ist offenbar der Meinung, Aufstände und deren TeilnehmerInnen seien sonst generell unanständig. Diese unglückliche Wortschöpfung muss man deshalb infrage stellen.

Auch ich habe seinerzeit Kerzenhalter für Gerhard Schröder gespielt, als während seiner Kanzlerschaft der erste „Aufstand der Anständigen“ inszeniert wurde. Genau, unter Teilnahme des Kanzlers, den Krieg und schwerste Menschenrechtsverletzungen im Lande seines Duzfreundes und „lupenreinen Demokraten“ Putin nicht störten und der auch noch die Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China forderte.

Sollte es jetzt eine Neuauflage dieses „anständigen Aufstands“ geben, dürften erneut viele Vertreter der Bundesregierung versuchen, sich damit zu profilieren, Vertreter der Regierung nämlich, die Krieg in Afghanistan führt, 200 Kampfpanzer ins mittelalterlich-grausame Saudi-Arabien liefert und auch sonst auf breiter Front bemüht ist, den Export von Rüstungsgütern zu erleichtern. Auch Anständigkeit hat ihre Grenzen! THILO CLAVIN, Lüneburg

Alle lernen zusammen

■ betr.: „Was, zum Teufel, ist Inklusion?“, taz vom 30. 11. 11

Inklusion ist „die gleichberechtigte und selbstverständliche Teilhabe von behinderten Kindern an der Regelschule“? Nein, genau das ist sie nicht.

Inklusion ist das Recht aller Kinder auf gemeinsamen Unterricht. Ein himmelweiter Unterschied! Was Christian Füller beschreibt, ist das, was bisher Integration hieß: Die Behinderten stehen erst einmal draußen und werden dann – erst gedanklich, dann sogar real – hereingeholt. Sie dürfen „auch mitmachen“ und, wie schön!, sogar gleichberechtigt. Inklusion bedeutet aber: Alle lernen zusammen. Von vornherein. URSULA WALTHER, Herzogenaurach