piwik no script img

Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Wenn schon, denn schon …

■ betr.: „Das Gewissen Europas ist tot“, taz vom 19. 12. 11

Obwohl es ja heißt: „De mortuis nihil nisi bene“, sollte in einer kritischen Zeitung mit aufklärerischem Anspruch wenigstens erwähnt werden, dass Havel die neuen imperialistischen Kriege der USA und ihrer Nato-Vasallen wie z. B. den letzten Irakkrieg 2003 bedingungslos unterstützte und sich auch ansonsten gern als Propagandasprachrohr des Imperiums betätigte. Angesichts von über 100.000 Mordopfern und zahlloser Verstümmelter erscheint mir die einmütige Lobhudelei für diesen Mann, den auch ich zeitweilig wegen seines humanistischen und moralischen Anspruchs hoch schätzte, doch recht übertrieben und unangebracht. Wo bleibt hier der Scharfblick der taz, der bei Autoren oder Politikern mit „Flecken“ aus der NS- oder DDR-Vergangenheit doch immer gnadenlos zur Geltung kommt? Wenn schon, denn schon … MARC HEINECKE, Hemmingen

Ehrenwerter Aufstand

■ betr.: „Frauenaufstand gegen Schröder“, taz vom 16. 12. 11

Frei nach dem Motto „Viel Feind – viel Ehr‘“ kann sich dieser ehrenwerte Aufstand natürlich immer auch als Bärendienst erweisen. Doch die Regierung kann die Argumente verdrehen und wenden, wie sie möchte: Eine Ministerin für Frauen war Frau Schröder nie. Ihre Argumente und Vorschläge können von jedem patriarchalen System bedenkenlos unterschrieben werden. Das sollte jede Frau (und jeden Mann) stutzig machen.

ALEXANDER KÖPPEN-DLUGOSCH, Berlin

Vorteil für Hartz-IV-Mütter?

■ betr.: „Die Quote hilft der Wirtschaft weiter“, taz vom 16. 12. 11

Bringt die Quote der Kassiererin bei Lidl etwas? Oder der alleinerziehenden Hartz-IV-Mutter? Wenn ja, bin ich unbedingt dafür, wenn nein ist es mir egal, wer an den Trögen des Höchstlohnsegments gemästet wird. HEINO HOFFMANN, Hamburg

Eine ganz Subversive!

■ betr.: „Die Quote hilft der Wirtschaft weiter“, taz vom 16. 12. 11

Nanu, da beschwert sich eine taz-Kommentatorin darüber, dass eine CDU-Ministerin etwas hintertreibt, was „der Wirtschaft“, also den Kapitalisten, nützen würde! Abgesehen davon, dass eine solche Beschwerde nicht gerade auf der politischen Linie liegt, für die die taz einst gegründet wurde, heißt das ja wohl nichts anderes, als dass besagte CDU-Ministerin wohl eine ganz Subversive ist, die gegen die Interessen ihrer kapitalistischen Auftraggeber arbeitet! Da müssen wir, Frauen und Männer, ja nur zusehen, dass keine Frauen in irgendwelche Führungspositionen kommen, und schon werden wir mit dem Kapitalismus fertig! ORTWIN ZEITLINGER, Berlin

Wichtiger Teil nicht abgedruckt

■ betr.: „Deutsche Bank beugt sich Protest“, taz vom 19. 12. 11

In Ihrem Artikel haben Sie den wichtigsten Teil unserer Erklärung zu einem auf YouTube veröffentlichten Video nicht abgedruckt. Die Deutsche Bank hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die in dem Video wiedergegebenen Passagen eines Sprechers nicht der Position der Deutschen Bank entsprechen.

JOHANNES MARTEN, Deutsche Bank, Berlin

Prima Sparwahn

■ betr.: „Linke Ökonomen: Europa braucht einen Kurswechsel“, „Wachstum wird zur Nebensache“ u. a., taz vom 19. 12. 11

Gleich dreimal posaunt es uns die taz entgegen: „Ohne Wachstum kein Schuldenabbau!“

Nie war Wachstumskritik so unpopulär, das ist der neoliberalen Indoktrination gelungen, gerade zu einer Zeit, in der Entscheidungen zur Begrenzung des Wachstums anstanden (Durban, mit entsprechendem „Erfolg“!) So werden wir dahin gehend massiert, das Wachstum als Allheilmittel anzusehen. Aus dem Blickwinkel der Wachstumskritiker ist aber doch Merkels Sparwahn ganz prima: Das Wirtschaftswachstum, das wir im bestehenden System ja gar nicht freiwillig zurückschrauben können, weil es dessen Bestandteil ist, wird „abgewürgt“, von allen akzeptiert, weil wir ja die Banken retten und die infolgedessen maroden Staatshaushalte sanieren müssen! So kommt der finanzpolitische Wahnsinn letztlich Mutter Erde zugute und damit wieder uns … Das Schlimme und wirklich Verbrecherische an diesem Plan ist nur, dass das Sparen auf dem Rücken der Ärmsten durchgezogen wird. Merkel und Freunderln trifft es nicht, die Pensionen haben sie sich gerade großzügig erhöht, wenige Tage nachdem Merkel uns gewarnt hat, dass die „Krise“ noch lange nicht vorbei ist und wir alle den Gürtel enger schnallen müssen!

SABINE MIEHE, Marburg