LEHRER HABEN DOPPELT SO VIEL URLAUB WIE ANDERE. ZU RECHT : Das haben wir verdient!
ARNE ULBRICHT
In einer Woche beginnen die Sommerferien. Als Lehrer bekommt man von Nichtlehrern regelmäßig zu hören: „Ach, ihr mit euren ganzen Ferien.“ Gemeint ist: Ihr Lehrer habt einfach viel zu viele Ferien, und vor allem die Sommerferien sind viel zu lang!
Lehrer fühlen sich in solchen Situationen oft persönlich angegriffen und reagieren daher mit einem Wortschwall, in dem die Begriffe „Siebzigstundenwoche“, „Nachtschichten“ und „Korrekturwochenenden“ in der Regel gleich mehrfach fallen.
Und ja: Natürlich stimmt das auch. Wir Lehrer müssen unglaublich viel korrigieren – allein die Korrektur eines Satzes Deutschklausuren dauert zermürbend lange, und diese Arbeitsstunden bleiben für jeden „normalen“ Arbeitnehmer unsichtbar; genauso unsichtbar wie die zahlreichen Stunden, die man am Wochenende in Unterrichtsvorbereitung oder abends in Elterngespräche investiert. In Stoßzeiten haben viele Lehrer eine 60-Stunden-Woche.
Das Problem ist: Unsere ständigen Hinweise auf nächtliche Korrektureinheiten kommen bei unseren Gegenübern als das an, was sie sind: als Versuch, uns zu rechtfertigen. Als seien uns die Ferien peinlich.
Dabei ist es doch schwer zu leugnen, dass vor allem die Arbeitszeiten ein Vorzug des Lehrerberufs sind. Wir können uns die Arbeit frei einteilen. An den meisten Werktagen haben wir Zeit, um Sport zu machen. Zeit, um Einkäufe zu erledigen. Zeit, nachmittags ins Café zu gehen. Ich selbst habe im Jahr 2014 insgesamt 63 Werktage offiziell „unterrichtsfrei“. Ein Arbeitnehmer hat 30 Tage Urlaub.
Und das ist auch in Ordnung. Der Lehrerberuf ist nun mal ein Beruf, der in bestimmten Phasen extrem belastend sein kann.
Deshalb sind die Ferien so wichtig. Entweder, um weniger zu arbeiten und Überstunden abzubummeln, oder um – und das geht nur in den langen Sommerferien – Schule und Schüler zu vergessen und wirklich Abstand zu gewinnen.
Oft beklagen sich Lehrer auch darüber, dass sich Leistung nicht lohnt. Es gibt für die Vielarbeiter in der Tat keinen Bonus. Jedenfalls keinen finanziellen Bonus. Aber es gibt einen Bonus in Form der Sommerferien, über den man sich genauso freuen sollte, wie sich andere Berufsgruppen über Extrazahlungen oder Gehaltserhöhungen freuen dürfen. Die bekommen wir wiederum nur selten.
Es ist schon fast ein Armutszeugnis, dass uns Lehrern nichts Besseres einfällt, als ständig zu meckern und uns pausenlos zu rechtfertigen.
Stattdessen sollten wir jedem, der uns unsere Ferien um die Ohren schlägt, mit einem Lachen darauf hinweisen, dass die Ferien der reine Wahnsinn sind. Es ist vollkommen unverständlich, warum wir uns für die Vorzüge unseres Berufs schämen. Wir sollten uns darüber freuen! Und diese Freude auch zum Ausdruck zu bringen ist nichts Verwerfliches. Man könnte es doch mal mit einem lachenden „Kann nicht jeder Lehrer sein!“ versuchen.
Wir Lehrer haben Grund, stolz auf uns und unsere Arbeit zu sein. Und wir haben Grund, glücklich darüber zu sein, mit jungen Menschen zusammenarbeiten zu dürfen. Und wir haben auch Grund, zufrieden mit unseren Arbeitszeiten zu sein. Auch wegen der Ferien. Vor allem wegen der Sommerferien, die wir uns in zahlreichen Alltagsgefechten im Klassenraum erkämpft haben.
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen: Steht zu den Sommerferien und entspannt euch in den kommenden Wochen – ihr habt es euch verdient!
Der Autor unterrichtet an einem Berufskolleg in NRW