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Archiv-Artikel

LEGEHENNEN: KÜNAST SOLLTE AUF DIE VERBRAUCHER VERTRAUEN Hennenstandort Deutschland

„Die Kleinen geben auf und die Großen gehen nach Polen oder Tschechien“, klagte gestern in Hannover der niedersächsische Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen. Gemeint waren diesmal weder Metallbetriebe noch Autoproduzenten, die mit Abwanderung drohen. Der CDU-Politiker sieht vielmehr den Eier- oder Hennenstandort Deutschland in seiner Existenz bedroht, wenn Hühner ab 2007 tatsächlich nicht mehr in Käfige oder die von Ehlen selbst favorisierten rund 50 Zentimeter hohen Kleinst-„Volieren“ gezwängt werden dürfen.

In Wahrheit ist es allerdings um den Hennenstandort Deutschland gar nicht so schlecht bestellt. Die Hühner scheinen gegenwärtig sogar eine schlagkräftigere Interessenvertretung zu haben als die durch Arbeitslosigkeit und Hartz IV eingeschüchterten Arbeitnehmer. Seit der Deutsche Tierschutz die Eier aus Käfighaltung, die Eier „mit der Drei“, per Fernsehwerbung bekämpft, vergeht nicht nur den Konsumenten die Lust auf deutsche Quäl-Eier. Auch der Handel reagiert. Nach Angaben des Tierschutzbundes sind gerade die großen Lebensmittelketten dabei, Eier aus Käfighaltung aus dem Angebot zu nehmen. Aldi Nord, Lidl und die immerhin auch 1.200 Geschäfte umfassende Norma-Kette haben dem Tierschutzbund nach dessen Angaben den Verzicht auf Käfigeier bereits fest zugesagt und arbeiten nur noch bestehende Verträge mit alten Lieferanten ab.

Der niedersächsische Agrarminister Ehlen kämpft also nicht nur für eine unschöne Form der Hennenhaltung, sondern auch für eine, die wirtschaftlich kaum noch eine Zukunft hat, wenn der Verbraucher die Produktionsbedingungen seiner Eier tatsächlich kennt. Man kann nur hoffen, dass sich die Ministerin der Verbraucher, Renate Künast, von der Union tatsächlich nicht erpressen lässt und das Verbot der Käfighaltung ab 2007 weiter verteidigt. Dass die Agrarminister der Union nun eine Anpassung der Richtlinien zur Schweinehaltung an EU-Recht blockieren und Deutschland bewusst ein Vertragsverletzungsverfahren aufhalsen wollen, ist ein schmutziger Trick, der nicht zum Erfolg führen darf. JÜRGEN VOGES