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Archiv-Artikel

LAFONTAINE WIRD OFFENBAR NICHT SPD-SPITZENKANDIDAT IM SAARLAND Dramatischer Befund, vakanter Posten

Auch wenn die Saar-SPD noch laviert: Heiko Maas wird offenbar ihr nächster Spitzenkandidat. Das heißt: Oskar Lafontaine wird nicht Spitzenkandidat der SPD im Saarland.

Lafontaine, das ewige Enfant terrible, hat es sich selbst zuzuschreiben, das ihm viele Sozialdemokraten misstrauen. 1999 kündigte er als SPD-Chef, so als wäre es ein Job, auf den er keine Lust mehr hatte. Das haben ihm viele übel genommen. Für viele Sozialdemokraten spricht nicht sein Streit mit Schröder und keineswegs sein wetterfester Linkskeynesianismus gegen ihn, sondern die lässige Geste, mit der er damals als Parteivorsitzender zurücktrat. Dies war ein Affront gegen den Wertekanon, der die Partei zusammenhält – begangen von einem hedonistischen Egozentriker.

Und nun? Lafontaines Kokettieren mit einer Rückkehr ins politische Geschäft dürfte auch weitergehen, wenn Heiko Maas an der Saar als SPD-Kandidat ins Rennen geht. Aber dieses Spiel wird fortan für alle sichtbar genau dies sein: kokett. Lafontaine ist nun damit endgültig ein älterer Expolitiker, der sich bessere Zeiten zurückwünscht. Das ist ein dramatischer Befund – für Lafontaine, aber auch für die SPD. Denn die bräuchte gerade jetzt jemanden wie ihn. Nur eben anders – verlässlicher.

Denn Schröder ist dabei, den neoliberalen Umbau des Sozialstaates erfolgreich durchzuziehen – und dabei die SPD zu demontieren. Es ist eine stille Zerstörung, denn die Opposition gegen Schröders Kurs hat kein markantes Gesicht, auch kein klares Programm. Sie äußert sich in einer Massenflucht aus der Partei. Schröders Politik entpolitisiert die SPD in fast gespenstischem Ausmaß.

Anfang der Achtzigerjahre gab es, unter Kanzler Helmut Schmidt, eine ähnliche Konstellation. Schmidt wollte etwas anderes als die Partei. Doch damals hatte die SPD mit Willy Brandt jemanden, der sozialdemokratische Werte glaubhaft repräsentierte. Heute ist dieser Posten vakant – auf der Linken gibt es weit und breit niemanden, der dafür taugen würde. Lafontaine, für den es keinen Rücktritt vom Rücktritt geben wird, kommt dafür nicht mehr in Frage. STEFAN REINECKE