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Kurt Krömer"Ich mache hier die Witze!"

Kurt Krömer ist endlich im Ersten Programm der ARD angekommen. Dass hier für seinen Humor erst nach Mitternacht Platz ist, bleibt ein echter Skandal.

Kurt Krömer mit Gast Klaus Wowereit Bild: dpa

"Ick bin wieder daaaa!", ruft der Mann mit dem altmodischen Pluderanzug und läuft triumphierend durch die Stadt: "Ick bin wieder daaaa!" - Die Reaktionen der Passanten, denen er das Mikro unter die Nase hält, legen zwar nahe, dass niemand ihn vermisst hat: "Ja? Und weiter?" - "Tschüs!" - "Tschüs!"

"Krömer - Die internationale Show" läuft noch keine fünf Minuten, und schon tun einem all die Menschen leid, die Kurt Krömer nicht kennen und wohl auch nie kennenlernen werden. Denn seine neue Sendung, in der zum Glück im Wesentlichen alles beim Alten bleibt, wird am Montagabend nach Mitternacht gesendet - im ARD-Ersten immerhin. Ein schwacher Trost. Eigentlich gar keiner.

Kurt Krömer kommt aus Berlin-Neukölln und hat eine Vollmeise; Überkompensation würde man im wahren Leben diagnostizieren und Reißaus nehmen vor dieser komplexbeladenen Nervbacke, die es auf dem Schulhof sicher nicht leicht hatte. Im Fernsehen aber, mit dem Wissen, dass er aus der Kiste nicht einfach so rausklettern kann, kann man sein Terrorregime genießen. Seine Spezialität: psychologische Kriegführung. Wer bei ihm zu Gast ist, muss Nerven haben. Und ein Geschenk dabei. Doch selbst das stimmt ihn nicht immer gnädig.

Klaus Wowereit probiert es mit Manschettenknöpfen, auf denen das Brandenburger Tor abgebildet ist, und Schleimereien. Er nennt Krömer "Kurtchen", "sexy" und einen "eleganten Herrn". Allein es nützt ihm nichts. Bis der Meister endlich Zeit für ihn hat, muss Wowereit in einem fensterlosen Kabuff warten, unter einem riesigen Kurt-Krömer-Porträt im Politbürostil, neben ihm ein bemitleidenswerter Praktikant im Berliner-Bär-Kostüm. - "Ihr Vorgänger", sagt Krömer zu Wowereit. Und später: "Wenn Sie vielleicht das Bärenkostüm überziehen würden "

Wowereit ist wie gemacht für Krömer. "Herr Wowereit ist, glaube ich, Elend gewohnt", so jedenfalls formulierte es Krömer bei der Pressekonferenz zur neuen Sendung. Ein Wunder also, dass Wowereit bisher in keiner seiner Sendungen, weder in der "Kurt Krömer Show" noch "Bei Krömers", zu Gast war, schließlich ist Berlins Regierender robust bis schmerzfrei. Nur die Scherze sollte er besser dem Gastgeber überlassen, der ihn auch prompt zurechtweist: "Ich mache hier die Witze."

Zum Beispiel diesen hier: "Wollen Sies aus m Glas oder Pumps?", fragt er den Möchtegernlebemann, nachdem er für beide beschlossen hat, dass Sekt getrunken wird. "Nur wenn er rot ist", entgegnet Wowereit, "nur wenn er rot ist" - der Pumps, nicht der Sekt. (Die Wiederholung lässt erahnen, dass er sein Geistesblitzchen für einen richtigen Knaller hält.) Krömers Humor dagegen ist eine Feier der Geistesgegenwart. Als Wowereit vorwitzig fragt, was denn da noch auf dem Fragenzettel draufstehe, antwortet Krömer: "Sieben Minuten - und dann kann er gehen." Wowereit darf dann noch ein paar Minuten bleiben, aber nur weil Krömer noch drei wichtige Fragen klären muss: 1. "Wenn ich mal tot bin, krieg ich dann n Denkmal?", 2. "Wat machen wir aus Berlin? Wann sind wir schuldenfrei? Wer von uns geht zum Automaten?" und 3. "Herr Wowereit, wann wird geheiratet eigentlich?"

Nur die Antwort auf die letzte Frage ist der Rede wert. "War das jetzt ein Angebot?", will Wowereit wissen. Darauf Krömer: "Die Presse ist da: JA! Machen Sie mal ein Foto. Wir heiraten in Dänemark in der Techno-Disco im Februar 2008." Vorher muss Krömer allerdings noch zum Zahnarzt - ein für den Zuschauer unglaublich unterhaltsames Fiasko, für Krömer allerdings weniger: "Ich bin Panikpatient."

Doch wer ist "ich"? - Krömers Humor berührt den Zuschauer auch deshalb so sehr, weil nie wirklich klar ist, ob man es mit einer schrulligen Kunstfigur oder einem durchgeknallten Irren zu tun hat. "Ich sehe mich als Clownsfigur wie Leo Bassi oder so", antwortet Krömer auf die irritierte Nachfrage eines Journalisten. Auch zur Pressekonferenz trägt er einen seiner Pluderanzüge. Blass und gebremst wirkt er - ganz anders als in der Sendung. Hier muss er Fragen beantworten, da darf er Fragen stellen, ohne sich für die Antworten zu interessieren. Er bemüht sich.

Übrigens auch darum, die späte Sendezeit mit Humor zu nehmen. Schließlich biete sie ein ungeheures Entwicklungspotenzial: "Vielleicht komme ich irgendwann mal fünf Minuten früher." Warum eigentlich nicht schon nach den "Tagesthemen"?

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