Kurnaz will einen deutschen Pass : Wie viel Vertrauen verdient Bremen?
Kommentar von Klaus Wolschner
Jetzt prüfen die Behörden des Bremer Innensenators, wie Murat Kurnaz zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht. Die Nachricht hat etwas Groteskes: Wer fragt eigentlich, ob die freiheitlich-demokratische Grundordnung das Vertrauen von Murat Kurnaz verdient.
Nach seiner Lebenserfahrung muss Kurnaz die westliche Demokratie für eine Staatsform halten, in der das in hehren Worten verkündete Selbstbild im Zweifelsfall nicht gilt, in der Recht und Gesetz im Zweifelsfall durch ein Präsidentenwort der Willkür von Geheimdiensten geopfert werden. Und das nicht für einen kurzen unbeobachteten Augenblick, sondern unter den Augen der Weltöffentlichkeit in Lagern wie Guantánamo institutionalisiert und über Jahre.
Dass das Bremer Innenressort Mittäter ist, darüber kann es keinen Zweifel geben. Ein uneinsichtiger Mittäter obendrein: Der Innensenator lehnt es ab, öffentlich Rechenschaft darüber abzulegen, welche Informationen im Jahre 2001 aus Bremen nach Pakistan geliefert wurden. Man muss davon ausgehen, dass Kurnaz erst auf Grundlage der Bremer Informationen nach Guantánamo kam. Und der Innensenator hat es nicht für nötig gehalten, wenigstens sein Bedauern auszusprechen über die traurige Rolle, die er bei der Verlängerung der Lagerzeit über den Herbst 2002 hinaus gespielt hat.
Dass Kurnaz ein positives Verhältnis zu dem haben soll, was der Innensenator „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ nennt, wäre nun wirklich zu viel verlangt. Ihm einen Pass zu geben, wäre eine erste vertrauensbildende Maßnahme, ein Akt der Wiedergutmachung.