Kunstvolle Grenzmarkierung

■ Zehn Jahre nach dem Mauerfall will der Senat an die Teilung der Stadt erinnern: Alle einstigen Grenzübergänge werden künstlerisch gestaltet. Eine Steinreihe zeichnet den Mauerverlauf nach

Nur noch wenige Mauerreste stehen, und auch die einstigen Grenzübergänge in der Stadt sind fast restlos verschwunden. Doch die Erinnerung an die fast 30 Jahre währende Teilung Berlins will der Senat wachhalten: Einige frühere Grenzübergänge sind bereits im vergangenen Jahr künstlerisch gestaltet worden. Anfang dieses Jahres werden Kunstwerke in der Chausseestraße und der Sonnenallee aufgestellt. Insgesamt sollen alle sieben einstigen Übergänge in der Stadt gestaltet werden. Dafür hatte der Senat eigens einen Wettbewerb ausgeschrieben.

An der einstigen Grenzstelle auf der Chausseestraße zwischen Mitte und Wedding sollte eigentlich schon bis zum Jahresende alles fertig sein. Doch der frühe Frost habe ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht, sagte Karin Nottmeyer, in der Bauverwaltung zuständig für Kunst im Stadtraum. Die Berliner Künstlerin Karla Sachse will dort Metall-Intarsien auf dem ehemaligen Grenzstreifen anbringen, die wie Kaninchen aussehen. Karnickel gab es auf dem Todesstreifen zahlreich. Zwei „Probe-Silhouetten“ sind bislang montiert. Ende Februar sollen nun die übrigen folgen.

Ähnlich sieht der Zeitplan für die Sonnenallee zwischen Neukölln und Treptow aus. Dort sollen zwei Fernrohre angebracht werden, auf deren Linse jeweils das Wort „Übergang“ eingekratzt ist. Durch eine Fischaugenoptik läßt sich dann der ganze Übergang in den Blick nehmen. Im Frühjahr werden die bereits angefertigten Fernrohre aufgestellt.

Schon im vergangenen Jahr wurde die einstige Grenze auf der Oberbaumbrücke zwischen Kreuzberg und Friedrichshain durch Kunst wieder sichtbar. Zwei Lichtinstallationen des Künstlers Thorsten Goldberg hängen am Brückenaufsatz. Sie zeigen die Knobelzeichen Schere, Papier und Stein. Sie symbolisieren ein „unendliches Spiel“, das für unterschiedlichste Gefühle wie Hoffnung, Sieg und Niederlage stehe, erklärt Nottmeyer.

Der bekannteste Grenzübergang war bislang auch der am besten erhaltene: Am Checkpoint Charlie zwischen Kreuzberg und Mitte steht noch das berühmte Schild in vier Sprachen „Sie verlassen den amerikanischen Sektor“, ebenso das alte Grenzhäuschen, wenn auch nicht mehr am alten Platz. Dort strahlen seit kurzem ein amerikanischer und ein sowjetischer Soldat. Der Berliner Künstler Frank Thiel hat einen Leuchtkasten auf einer fünf Meter hohen Stahlstütze montiert mit Fotos zweier blutjunger Soldaten. So wie sich vor 37 Jahren amerikanische und russische Panzer hier gegenüberstanden, blicken die einst verfeindeten Mächte wieder zum jeweils anderen Sektor. Abends, wenn die Laternen angehen, werden die Fotos beleuchtet. Nicht nur der Mauerbau, auch das Militär an sich, das so junge Männer verheize, werde damit in Frage gestellt, erläuterte Nottmeyer. 150.000 Mark hat das Land dafür bezahlt.

Auch der Verlauf der Mauer soll nachvollzogen werden. Nach längerer Diskussion, ob ein Farbstreifen oder ein Kupferband an die Mauer erinnern soll, entschied sich der Senat aus Kostengründen für eine Kopfsteinpflasterreihe, die schon an einigen Stellen zu sehen ist. Sie soll sich bald durch ganz Berlin ziehen. Jutta Wagemann