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Archiv-Artikel

Kunstrundgang Harald Fricke schaut sich in den Galerien von Berlin um

Rineke Dijkstra, bis 4. 12., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Galerie Max Hetzler, Zimmerstraße 90

In der Berlinischen Galerie gibt es einen Raum, in den man vor den endlosen Metern an grellen Achtzigerjahre-Malerei-Schinken flüchten kann. Eva Grubinger hat dort ihre Einzelausstellung eingerichtet: „Dark Matter“ zeigt Objekte, die 2003 entstanden. Der Kühlturm eines Kraftwerks, ein Hochhaus, ein Kontrollturm, alles in verkohltem Schwarz. Grubingers Installation ist eine begehbare Landschaft, in der Macht und Überwachung nicht dämonisiert werden, sondern in ihrer Faszination als ambivalentes System erscheinen. Das schicke Schwarz könnte durchaus Mitte-Hipster ansprechen, so wie auch das meterhohe Headset, aus dem ein seltsam leiernder Chor-Sound von Curd Duca plätschert. Man kann sich gut vorstellen, dass die Skulptur einmal als Ikone auf die Neunzigerjahre und seine Call-Center-Kultur dienen wird. Das ist besser als die Neuen Wilden ringsumher.

Offenbar kann sich Rineke Dijkstra für ihre Projekte Zeit lassen. Mittlerweile zählt sie zu den Stars der zeitgenössischen Fotografie, was sich auch in fünfstelligen Preisen für ihre Arbeiten niederschlägt, die in der Galerie Max Hetzler zu sehen sind. Insofern kann man damit rechnen, dass einige der Exponate demnächst im Museum auftauchen. Zum Beispiel die Serie „Almerisa“: Seit 1994 hat Dijkstra das gleichnamige Mädchen, das mit seiner Familie aus Bosnien in die Niederlande flüchtete, immer wieder im Zeitabstand von zwei Jahren porträtiert. Aus dem blassen Kind mit Lackschühchen ist ein lässiger Teenager geworden. So sind die Fotos durchaus eine Bestandsaufnahme, die zeigt, dass es jenseits der Beschädigungen durch Krieg und Vertreibung noch Zukunft gibt. Das gilt auch für die Bilder von israelischen Soldatinnen, die Dijkstra jeweils doppelt abgelichtet hat: Einmal in Armeemontur, dann als lebenshungrige Twentysomethings.

Eva Grubinger, bis 30. 1. 05, Mo.–Sa. 12–20, So. 10–18 Uhr, Berlinische Galerie, Alte Jakobstraße 124