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Archiv-Artikel

Kunstrundgang Harald Fricke schaut sich in den Galerien von Berlin um

Offices (1-3): Trutz Bieck, Veronika Witte, Lukasz Chrobok und Christoph Faulhaber, bis 19. 8., Di bis Sa 14-19 Uhr, Kunstverein Tiergarten/Galerie Nord, Turmstr. 75

Zettelkästen sind eine helle Freude. Beim Kramen stolpert man über abstruse Verbindungen zwischen Themen oder Namen, die sich aus der Abfolge ergeben. Das ist ein toller systemischer Spuk. Ganz ähnlich ergeht es einem in der Ausstellung „Offices (1-3)“. Hier ein Dutzend Aktenordner mit Erhebungen zur Biotechnologie und zum idealen Körper der Zukunft; dort eine irre Grafik über Kreativität, Arbeitsmangel und Gesellschaft; und in der Mitte trashige Videoschnipsel einer fiktiven Security-Firma.

Dabei ist der private Sicherheitsdienst, den Lukasz Chrobok und Christoph Faulhaber betreiben, ein Selbstläufer. Einer der beiden Hamburger Künstler schleicht in Kampfmontur an US-Botschaften in diversen Städten heran, der andere hält dann die Reaktionen der echten Wachmänner in Bild und Ton fest. Schnell gibt es Streit, wird der fiktive „Mister Security“ als Terrorist verdächtigt. Soweit der etwas kurzatmige Humor zur Überwachungsgesellschaft.

Veronika Witte baut mit ihrem „Institut für sozio-ästhetische Feldforschung“ dagegen auf Teilhabe. Aus Umfragen, die sie mit der Humboldt-Uni organisiert hat, ergibt sich, dass von 1.300 Testpersonen gut 14 Prozent Hände am schönsten finden und nur 0,2 Prozent das Gesicht für überflüssig halten. Dazu gibt es von Witte einen Zeichentrickfilm, in dem anhand der Studien ermittelte idealtypische Wesen aus nur drei Körperteilen als Comic-Knollen und Wurzelklumpen wuchern. Wer will, kann einen eigenen Vorschlag abgeben, so wächst das Archiv.

Zuletzt versucht Trutz Bieck mit seiner „KulturPartei (das projekt)“, Kunst und Gesellschaft auf eine Formel zu bringen. Das Ergebnis: Hartz IV droht im Zentrum einer Wandmalerei, die Zitate aus den Medien mit Statements zur politischen Ökonomie verbindet. Ist am Ende auch jeder Künstler doch bloß eine Ich-AG? Beuys, übernehmen Sie.