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Archiv-Artikel

Kunstrundgang Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Bis 28. Oktober: BURGHARD, von neuem, Galerie Jan Winkelmann, Di.–Sa. 11–18 Uhr, Brunnenstr. 185

Die seit langem beeindruckendste Arbeit, die ich letzte Woche im Depot der Berlinischen Galerie sah, stammt vom Fritz Balthaus. Im Depot zu stehen, nachdem sie im Frühjahr ausgestellt wurde, ist insofern ihr Sinn und Zweck, als sie die Frage beantwortet: Wie sieht die größtmögliche Skulptur aus, die im Haus ausgestellt, im Lastenaufzug transportiert und im Untergeschoss maximal platzsparend gelagert werden kann? „Colli 1“ ist eine weitere der wundersamen, präzisen Versuchsanordnungen von Fritz Balthaus, die immer auch ein höchst ironischer Eingriff in Kunstwelt und Ausstellungsbetrieb sind.

An „Colli 1“ zu denken ist unvermeidlich, steht man erst – knapp vor Torschluss, aber immerhin nicht Monate später wie im vorgenannten Fall – in der Galerie Jan Winkelmann. Auch Stef Burghard und Romy Richter, die unter dem Namen BURGHARD firmieren, geht es um den Begriff der Skulptur. Auch sie beziehen sich dabei auf die vorhandene Architektur. Auch sie thematisieren den Kunstbetrieb, u. a. im Medium der Kunstzeitschrift, die sie zur Skulptur umnutzen: in abstrakt-geometrischen Papierarbeiten, für die ein geschlossener Raum-im-Raum-Kubus als Display fungiert und die tatsächlich extrem flache, dennoch dreidimensionale Cut-outs sind, Artforum-Anzeigen, aus denen sie die Typografie, also den Text entfernten. Der schmale Farbstreifen in der weißen Wand stammt vom Rücken einer Artforum-Ausgabe, die in vollem Umfang in die Wand getrieben wurde. Das Begehren nach zeitgenössischer Kunst und ihrem Sexappeal verdankt sich sicher mehr ihrer ästhetischen Inszenierung im Medium des Kunst- und Life-Style-Magazins als der Begegnung im realen Ausstellungsbetrieb. Mit der Rückführung der virtuellen Ausstellung in die reale Skulptur machen BURGHARD ein starkes Statement.

Fritz Balthaus, „Colli 1“, Berlinische Galerie, nur nach Anmeldung: 78 90 26 00, Alte Jakobstraße 124