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Archiv-Artikel

Kunstrundgang Tim Ackermann schaut sich in den Galerien von Berlin um

Jeder Mensch ist eine Insel. Diese kontemporäre These (eine Neuinterpretation des alten Spruchs „Kein Mensch ist eine Insel“) erfreut sich neuerdings einiger Beliebtheit. Wie auch Hugh Grant in dem Film „About a Boy“ vorlebte, als er sich für Ibiza hielt. Da war es noch cool, ein Eiland zu sein. Eine pessimistischere Version der Mensch-ist-Insel-Theorie kann man derzeit in der Galerie der Künste (GDK) begutachten. Der israelische Künstler Uri Katzenstein beschäftigt sich in seiner Videoarbeit „Hope Machines“ mit den Versuchen menschlicher Kommunikation: Auf einem gleichgültigen Ozean treibt jeder Mensch wie ein Schiffbrüchiger auf seinem Floß. Ein paar Kinder winken mit den Händen. Eine alte Frau schwenkt einen Fächer. Ein Mann signalisiert eine Botschaft per Flaggenalphabet. Über diese Mini-Dramen legt sich die monotone Stimme des Künstlers wie ein flauschiger Teppich. Katzenstein liest aus einem Brief voller Entschuldigungsfloskeln und Banalitäten. Jegliche Kontaktaufnahme, so scheint es, läuft am Ende ins Leere. Aber: Ignorieren ist ja auch eine Form der Kommunikation. Kaum ignorieren kann ein Künstler die eigene Herkunft. 17 Jahre hat Stephan Weitzel im Ausland gelebt, und trotzdem ließ ihn Deutschland nicht los. „Deutschlandgeschichtenerzähler“ heißt die Schau in der Galerie 35, in der Weitzel nationale Mythen hinterfragt. Etwa in „Weimar?! Niemandsland“ – einem Bild, das von Ansichtskarten des thüringischen Schmuckstädtchens inspiriert wurde. Statt Sehenswürdigkeiten wie Goethes Wohnhaus oder das Schlossmuseum zeigt Weitzel allerdings die Gespenster der Vergangenheit: Ansichten des städtischen „GAU-Forums“ der Nazis, den Eingang zum KZ Buchenwald oder realsozialistische Plattenbauten. Schade, dass Weimar sein Bild nicht ins offizielle Postkartenrepertoire aufnehmen wollte.

Uri Katzenstein: Hope Machines, bis 18. Mai, Di.–Sa. 11–19 Uhr, Galerie der Künste, Potsdamer Str. 78

Stephan Weitzel: Deutschlandgeschichtenerzähler, bis 29. April, Do.–So. 17–20 Uhr, Galerie 35, Simon-Dach-Str. 35