Kubas Kommunisten: Castro trommelt Genossen zusammen
Der Staatschef will im April 2011 den ersten Parteitag der herrschenden Kommunisten seit 13 Jahren abhalten. Thema sind die wirtschaftlichen Probleme des Landes.
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BERLIN taz | Erstmals seit dreizehn Jahren sollen im kommenden April in Havanna die Delegierten der Kommunistischen Partei Kubas zusammenkommen. Thema des 6. Kongresses, so hat es Kubas Staatschef Raúl Castro seinem Kollegen Hugo Chávez am Montag in Havanna erklärt, sollen die "grundlegenden Entscheidungen für die Modernisierung des wirtschaftlichen Modells" sein.
In den letzten Jahren war ein neuer Parteitag auf Kuba mehrfach verschoben worden. Zuletzt im Spätsommer 2009, da fehlte der Regierung schlicht das Geld. Kuba war so pleite, dass die Regierung selbst die Konten von Investoren, Handelsunternehmen und Lieferanten einfror, um die nötigen Dollar für überlebenswichtige Importe zu bekommen. Das ist knapp achtzehn Monate später nicht mehr nötig, aber damals wie heute geht es darum, Kubas Wirtschaftsmodell zu aktualisieren oder gleich ein neues zu entwickeln und zu debattieren.
Unter Wirtschaftswissenschaftlern auf der Insel wird die Debatte schon lange geführt. Erst vor wenigen Monaten machte Pedro Monreal, ein ökonomischer Querdenker, einen weitreichenden Reformvorschlag. Monreal, der bereits 1995 gemeinsam mit zwei Kollegen einen detaillierten Vorschlag zur Erneuerung des kubanischen Wirtschaftsmodells vorstellte, plädiert dafür, die Globalisierung als Chance zu begreifen und Innovationspotenziale wie in der Biotechnologie zu nutzen. Das sei mit den derzeitigen Strukturen, genannt werden explizit die Staatsunternehmen, nicht möglich, schreibt Monreal in einem Arbeitspapier, welches er Ende April diesen Jahres an der Harvard-Universität präsentierte. Der Wirtschaftswissenschaftler arbeitet derzeit für die Unesco in Jamaika.
Ob die Kommunistische Partei Kubas allerdings zu derart radikalen Schritten bereit ist, darf bezweifelt werden. Bereits die Mitte September angekündigte Freigabe von 178 Berufen für die selbstständige Tätigkeit und die bereits angelaufene Entlassung von einer halben Million Staatsbediensteten trifft auf Widerstand. Das belegen nicht nur Aussagen von Raúl Castro in den letzten Wochen, sondern auch die lange Wartezeit von der Ankündigung der Reformen bis zu deren Bekanntgabe, so Omar Everleny Pérez vom Studienzentrum der kubanischen Wirtschaft (CEEC). Er plädiert für den Rückzug des Staates aus dem Dienstleistungssektor und für das Ende des staatlichen Ankaufsystems in der Landwirtschaft, um dem Binnenmarkt neue Dynamik zu verleihen.
Solche Vorschläge sollen nicht erst auf dem Kongress debattiert werden, sondern ab sofort in den Parteigremien. Die Bewältigung der wirtschaftlichen Herausforderungen hat dabei Vorrang vor der Personalpolitik. Über die Nachfolge der beiden Castros soll auf dem Kongress nicht debattiert werden.
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