: Kritische Solidarität
Die Solidarität mit der tazbremen kann nur eine kritische sein.
Einerseits: Die große Koalition hält die Stadt seit 1995 unter der lähmenden Dunstglocke verkrampfter Sanierungsanstrengungen, die die Politiker dann selber immer wieder durch eine Endlos-Reihe fehlgeschlagener Großinvestitionsprojekte unterlaufen. Für das gedeihliche Klima der Stadt fehlen belebende Kontroversen und Konfliktszenarien; statt Streitkultur gibt es nur Koalitions-Gezetere. Da sind publizistische Röntgenprozesse dringend angesagt.
Andererseits: Die taznordbremen ist eine zwitterhafte Kopfgeburt, die Seiten 3 und 4 sind merkwürdig konturlos und sollten wieder in Bremer bzw. Hamburger Seiten zurückverwandelt werden. In Bremen klafft eine Qualitätsdifferenz zwischen dem Kapitän Klaus Wolschner und seiner jungen und zuweilen noch recht unbedarften Mannschaft. Beide Punkte müssen für das erfolgreiche Überleben repariert werden.
Erfreulicherweise ist der publizistische Stellenwert der tazbremen erheblich größer als die Auflage. Der Presse-David ist vielfach wirksamer im kritischen Durchleuchten des Stadt-Lebens als der Fast-Monopolist Goliath.
Deshalb ist die tazbremen trotz ihrer problematischen Züge für die Hansestadt weiterhin unverzichtbar.
Klaus Pierwoß, Generalintendant Bremer Theater