piwik no script img

Kritik am Geheimvertrag"Einseitige Absicherung der Atomlobby"

Im Donnerstagabend veröffentlichen Geheimvertrag sichern sich die Konzerne gegen zusätzliche Zahlungen ab. Die Opposition sieht die Rechte des Parlaments beschnitten.

Kein Bock auf längere Laufzeiten: Aktivisten vor dem Reichstag. Bild: dpa

BERLIN taz | Nach der Veröffentlichung des bislang geheim gehaltenen Vertrags zwischen Bundesregierung und Stromkonzernen hat es am Freitag heftigen Streit über die Inhalte des Dokuments gegeben. Es sei ein "Kaufvertrag mit einseitiger Absicherung der Atomlobby", sagte der SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber. Linksfraktionschef Gregor Gysi sprach von einem "Anschlag auf die Demokratie". Jochen Stay von der Antiatominitiative ausgestrahlt sieht durch den Vertrag die "Sicherheit zu einer Rechengröße degradiert".

Die Regierung hatte die Vereinbarung am Donnerstagabend veröffentlicht, nachdem sie mehreren Medien, darunter der taz, zugespielt worden war. In dem Vertrag haben sich die Atomkonzerne weitreichende Schutzklauseln zusichern lassen: Gegen die für die Zeit von 2011 bis 2016 geplante Brennelementesteuer behalten sie sich explizit eine Klage vor.

Ihre Kosten für Nachrüstungen der Atomkraftwerke werden auf 500 Millionen Euro je Kraftwerk begrenzt; sofern neue Sicherheitsauflagen höhere Kosten verursachen, erhält der Bund weniger Geld für seinen geplanten Ökoenergiefonds. Auch wenn die Atomsteuer erhöht oder verlängert wird, gibt es weniger Geld für den Ökoenergiefonds. Damit würden zukünftige Parlamente unzulässig unter Druck gesetzt, kritisierten Grüne und SPD.

Die Bundesregierung wies die Vorwürfe zurück. Durch den Vertrag würden die Rechte des Parlaments "in keiner Weise eingeschränkt", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Das von Norbert Röttgen (CDU) geführte Bundesumweltministerium erklärte zudem, die Nachrüstungskosten seien nicht begrenzt, sie minderten lediglich "den Gewinn und damit die Gewinnabschöpfung".

Tatsächlich könnte eine neue Regierung wohl weiterhin neue Auflagen und Steuern beschließen – sofern sie bereit wäre, auf die von den Konzernen in der Vereinbarung zugesagten freiwilligen Zahlungen zu verzichten. In SPD- und Grünen-Kreisen heißt es, man werde sich durch den Vertrag im Zweifel nicht davon abhalten lassen, die Laufzeitverlängerungen zu stoppen.

Auch dass es sich bei der Vereinbarung mit den Konzernen um einen "Geheimvertrag" gehandelt habe, wies Regierungssprecher Seibert zurück: "Es gibt wirklich nichts zu verbergen."

Diese Aussage verwundert. Denn im Laufe der Woche hatten sich die Kanzlerin und mehrere Minister ausführlich zur geplanten Laufzeitverlängerung geäußert – doch die Vereinbarung mit den Konzernen, die bereits unmittelbar nach dem Energiegipfel in der Nacht von Sonntag auf Montag unterzeichnet worden war, erwähnten sie dabei mit keinem Wort.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • S
    sieunt

    Was die derzeitige Bundesregierung momentan abzieht,

    ist ne echt klasse Show.

     

    Abseits aller,ich bin mal fair(-:,fast aller Fakten,

    behauptet die bei den Durchschnittsbürger endlose Milliarden kostende Themen, es wäre nicht so, wie es die überprüfbaren Fakten zeigen.

     

    Das "Kompromiss"-Papier zurAKW-Laufzeitverlängerung

    beinhaltet so ziemlich alles, was die Betreiber sich

    schon immer gewünscht haben.Die Regierung behauptet

    das Gegenteil. Unfeiner formuliert:Sie lügt.

    Jede erreichbare halbwegs interessenneutrale Informationsquelle fordert, mindestens die alten AKWs allumfassend nachzurüsten, sofern das überhaupt

    möglich und sinnvoll ist. Die Regierung erwartet

    da nur irgendwelche wolkigen Bemühungen.

    Wer sich dazu gruseln möchte:

    http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste_vom_15_07/atomkraft___laufzeitverlaengerung.html

    Atomkraft - Laufzeitverlängerung trotz Sicherheitsdefiziten

     

    http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/1090144

    Frontal21-Dokumentation: Der große Bluff

    (->die Hauptseite dazu ist lesenswert)

     

    Anderes Thema, ähnliche .... Halbwahrheiten:

    Thesenpapiere der Bundesregierung zur Sanierung des Gesundheitssystems fordert fast wortgleich vieles, was sich die Pharmaindustrie wünscht.

    Typische Reaktion(in den Nachrichten vertreten durch

    einen meiner Lieblings...komiker der FDP(-:):

    Die Pharmazeuten hätten vom Thesenpapier der

    Bundesregierung abgeschrieben#ROFL# aber klar doch.

    Sitzen in den Ministerien eigentlich immer noch

    haufenweise Mitarbeiter der Industrie?

     

    Ne, nichts für ungut. Ich finde das, was die jetzige Regierung da verschärft abzieht echt geil.

    Klasse Satire.

    Das Komikerduo Rötgen&Brüderle zum Beispiel verspricht Spitzenunterhaltung -Ja wenn,

    wenn es nicht so wahrscheinlich nachteilige Folgen

    für viele haben wird. Hoffentlich 'nur' finanzielle.

    Apropo: wer räumt ein explodierendes AKW auf, falls

    es dazu kommen sollte? Merkel,Rötgen,Brüderle& Co

    sicher nicht.

     

    Zum Schluss nur noch soviel:

    Was ich von dieser unseren Regierung denke, lässt sich hier nur sehr sehr geglättet wiedergeben. Die ungeglättete Version würde wahrscheinlich nicht abgedruckt werden.

  • M
    Monitor

    Geheimabkommen, Lobbyismus, Manipulationen an den Statistiken, Deals - die gesamte ohnehin magere Kreativität unserer Politiker wird verbraucht für die Frage, wie sie demokratische Regeln umgehen können. Kein Wunder, dass die Regierungs nix auf die Reihe kriegt.