piwik no script img

Kritik am Bachelor-StudiengangStudiert heißt nicht qualifiziert

Der Bachelor kommt nicht so gut an auf dem Arbeitsmarkt, darin sind sich Unternehmer und Gewerkschaften einig. Auch Studierende zählen mehr auf Soft Skills als auf den neuen Abschluss

Obs hilft? Studierende lernen in einer Bibliothek der Humboldt-Universität Bild: AP

Teamfähigkeit, soziales Verhalten, möglichst viel Praxiserfahrung - das sei der Schlüssel zum erfolgreichen Job, sagt Katja Meincke. "Soft Skills. Allein das ist wichtig." Meincke studiert im siebten Semester Asien- und Afrikawissenschaften an der Humboldt-Universität (HU). Sie steht kurz vor ihrem Abschluss. Oft wird die 25-Jährige gefragt, was man denn mit so einem "Orchideenfach" mache. Und dann noch auf Bachelor (BA).

Die Studentin kennt die Kritik, die an dem neuen Hochschulabschluss geübt wird: Zu verschult sei er, mit drei Jahren viel zu kurz, dem Diplom oder Magister qualitativ nicht gewachsen. Obwohl Meincke das neue Unisystem befürwortet, glaubt sie nicht, dass ein Bachelor allein für den Arbeitsmarkt qualifiziert. "Ich mache deshalb auf jeden Fall einen Master", sagt sie.

Dass der Bachelor bei Unternehmern nicht sonderlich beliebt ist, weiß auch Klaus-Dieter Teufel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB). "Schwierig ist die Vergleichbarkeit des BAs mit den alten Abschlüssen", sagte er kürzlich bei einer Podiumsdiskussion der DGB-Jugend Berlin-Brandenburg. Laut Markus Plagmann, IG-Metall-Bezirkssekretär für Hochschulpolitik in Berlin, bekommen Bachelors von Unternehmen "zunächst nur befristete Verträge".

Roswitha Helmecke vom Hochschulteam der Arbeitsagentur Berlin-Mitte hingegen kann keine Veränderung feststellen, seitdem die Berliner Hochschulen weitgehend auf Bachelor-und Masterstudiengänge umgestellt haben. "Es kommen genauso viele Studenten zu uns wie vor der Umstellung, sowohl Bachelor-Absolventen als auch Studenten mit anderen Abschlüssen", sagt sie. Pauschal könne man nicht sagen, dass der Bachelor eine schlechtere Berufsperspektive biete. "Für Bachelors in Informatik- und Ingenieursberufen gibt es zum Beispiel weit mehr Angebote als für Geisteswissenschaftler."

Schon im Mai 2007 war an der HU die hochschulinterne "Studierbarkeitsstudie" veröffentlicht worden, in der Studierende alter sowie neuer Abschlüsse unter anderem nach der Berufsperspektive ihres Studiums befragt worden waren. "81 Prozent der Studierenden halten demnach den BA-Abschluss für kaum bis gar nicht qualifizierend für den Arbeitsmarkt", berichtet Tobias Roßmann, selbst HU-Student und Mitglied der Projektgruppe, die die Studie erstellt hat. "Und nur 1 Prozent ist der Meinung, dass der BA sehr gut auf den Arbeitsmarkt vorbereitet." Laut der Projektgruppe beteiligten sich knapp 3.000 Studenten an der Umfrage.

Jörg Steinbach, Vizepräsident der Technischen Universität (TU), will das Bachelorsystem deshalb reformieren. Der Professor plädiert für einen vierjährigen Bachelor und einen Master, der hauptsächlich auf eine wissenschaftliche Karriere vorbereitet. "In Spanien wird das schon so gemacht", schwärmt er.

Hierzulande müsse der Student nun neben dem Studium besonders aktiv sein, betont Doro Zinke, stellvertretende Vorsitzende des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg. "Nichts kommt beim Arbeitgeber schlechter an als ein Bewerber, der zwar einen guten BA-Abschluss vorweisen kann, aber außerhalb der Uni noch nichts vom Arbeitsleben mitbekommen hat."

Das hat auch Tiziana Hemmann erkannt. Die 23-Jährige studiert ebenfalls Asien- und Afrikawissenschaften und schreibt bald ihre Bachelorarbeit. Danach möchte sie eine Ausbildung machen. Zur Orthopädiemechanikerin. Das sei, im Gegensatz zum Bachelor, etwas "Handfestes".

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!