Krise auch bei der HHLA: Hafenarbeiter sollen bluten
HHLA will Gehälter auf dem Burchardkai um bis zu 600 Euro kürzen und damit Entlassungen vermeiden. Containerumschlag ging 2009 um ein Drittel zurück.
Sie haben von einem unvergleichlichen Boom profitiert - jetzt müssen sie bluten: Ihren 1.000 Mitarbeitern auf dem Burchardkai will die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ein neues Schichtmodell auferlegen. Einige der Beschäftigten könnten dabei bis zu 600 Euro pro Monat einbüßen. Ein entsprechendes "Eckpunktepapier" ist am Donnerstag auf einer Betriebsversammlung vorgestellt worden.
Im Hamburger Hafen schlägt die Finanz- und Wirtschaftskrise voll durch. Er fungiert als Drehscheibe zwischen dem Baltikum und Fernost - zwei Regionen, deren Handel besonders stark eingebrochen ist. Die HHLA als dominantes Logistikunternehmen hat 2009 im Containerumschlag ein Drittel eingebüßt und nur noch 4,9 Millionen Standardcontainer über ihre Kaikanten gehoben. Der Gewinn des Konzerns vor Zinsen und Steuern hat sich damit glatt halbiert - auf allerdings immer noch stattliche 176 Millionen Euro.
2009 hatte die HHLA vor allem mit Kurzarbeit und Qualifizierungsmaßnahmen auf die Krise reagiert. Im Januar nun kündigte sie an, 2010 solle die Arbeit insbesondere auf dem Containerterminal Burchardkai geschickter organisiert werden. Seit dem 12. Januar verhandelt der Vorstand mit den Vertretern der Belegschaft über eine "weitgehende Neugestaltung der Arbeits- und Ablauforganisation".
Nach dem Stand der Verhandlungen soll künftig auch auf dem Burchardkai am Wochenende normal gearbeitet werden - so wie in Altenwerder oder beim Konkurrenten Eurogate. Zurzeit ist die Arbeit zwischen Samstagnachmittag und Montagmorgen freiwillig. Wer zur Schicht kommt, erhält einen Zuschlag von 50 Prozent auf seinen Lohn. Wer häufig am Wochenende arbeitet, kann pro Monat auf Zusatzeinkünfte von bis zu 600 Euro kommen. Im Durchschnitt sind es derzeit 300 Euro brutto zusätzlich. Alles in allem kommen die HHLA-Leute vom Burchardkai auf ein Durchschnittseinkommen von 50.000 Euro brutto im Jahr.
Nach Auskunft des Konzerns hätten die Beschäftigten mit dem neuen Modell nach wie vor eine 35-Stunden-Woche. Die Arbeit würde aber auf die gesamte Belegschaft verteilt. Die eingesparten Zuschläge sollen dazu beitragen, 110 Arbeitsplätze zu sichern. Außerdem sollen bis zu 250 Hafenarbeiter in Altersteilzeit gehen. Unter diesen Voraussetzungen könnte der bis 2011 geltende Beschäftigungssicherungsvertrag bis 2014 verlängert werden, stellte der Vorstand in Aussicht.
Kaum überraschend: Bei den Beschäftigten stoßen die Vorschläge auf wenig Sympathie. Seit einigen Tagen schieben sie Dienst nach Vorschrift. Der Betriebsrat äußerte sich gegenüber der taz nicht.
Eine Einigung über die Arbeitsorganisation auf dem Burchardkai ist für die HHLA eine Voraussetzung für weitere Veränderungen. Geplant ist eine Verzahnung des Terminals mit dem weniger stark modernisierten Containerterminal Tollerort.
Die HHLA gehört zum größten Teil der Stadt. Ende 2007 ging der HHLA-Konzern mit dem größten Teil seiner Töchter an die Börse, 30 Prozent der Anteile gingen in Streubesitz über.
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