Kriminalität 2.0 beim CDU-Nachwuchs

Offenbar hat der Ex-Vize der Bremer Jungen Union (JU) im Namen von SPD und FDP-Abgeordneten bei Ebay Briefmarken verkauft. Auch die JU selbst wurde geschädigt. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft

Mehrere Politiker von SPD und FDP in Niedersachsen sind offenbar vom ehemaligen Vize-Vorsitzenden und Landesgeschäftsführer der Bremer Jungen Union mit einem Internet-Trick betrogen worden. Der heute 21-jährige Robert-Stefan R. hat in ihrem Namen bei der Online-Verkaufsplattform Ebay Konten eingerichtet, um Gegenstände zu verkaufen – offenbar wurde bei den dubiosen Aktionen ein Rechner in der CDU-Landesgeschäftsstelle in Bremen verwendet.

„Ich bekam eines Tages ein Schreiben eines Rechtsanwalts, dem ich endlich die von ihm gekauften 100 Briefmarken schicken sollte“, sagt der einstige niedersächsische Bundestagsabgeordnete Lars Klingbeil, der heute Bundes-Vize der Jusos ist. Auf Klingbeils Namen war eine Mail-Adresse eingerichtet worden, von der aus die Briefmarken angeboten worden waren. „Da muss jemand viel Zeit gehabt haben“, sagt Klingbeil.

Richtig „sauer“ ist auch die SPD-Landtagsabgeordnete Petra Emmerich-Klopatsch, weil ihr eines Tages die Mahnung einer Darmstädter Rechtsanwaltskanzlei über „Vermittlungsgebühren“ für eine ihr nicht bekannte Ware in Höhe von 160 Euro in Rechnung ins Haus flatterte. „Da hat jemand in meinem Namen gehandelt“, sagt die Abgeordnete aus Clausthal-Zellerfeld. Laut Ebay-Regularien dürfte es sich um Ware in Höhe von etwa 4.000 Euro handeln.

Außerdem wurden offenbar auch die Abgeordneten Hans-Christian Schack (SPD) und Christian Dürr (FDP) geschädigt. Nur im Fall des SPD-Landtagsabgeordneten Dieter Steinecke aus der Grafschaft Bentheim konnte indes R. als Täter identifiziert werden. „Der Beschuldigte hat die Taten gestanden“, sagte der Sprecher der zuständigen Osnabrücker Staatsanwaltschaft, Manfred Manke. R. habe bei der Vernehmung auch gesagt, dass sein Handeln „nicht politisch motiviert“ gewesen sei.

„Er ist dem Rausschmiss durch einen Parteiaustritt zuvorgekommen“, sagt der Bremer JU-Vorsitzende Dennis Ugurcu. Offenbar hat sein ehemaliger Stellvertreter auch im Namen der JU Navigationssysteme bestellt und Hotelrechnungen bezahlt. „Er ist ein Betrüger“, sagt Ugurcu. R., der offenbar aus einem schwierigen Elternhaus in Bremen-Nord stammt, müsse auch von Seiten der JU „mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen“. Im Landtag hat das Handeln R.s Folgen: Die SPD will mit einer parlamentarischen Initiative schärfere Vorschriften bei der Registrierung von Mail-Adressen erreichen. Kai Schöneberg