Korruption in Südafrika: Die Millionendeals des Armenführers
Julius Malema steht wegen Geldwäsche vor Gericht. Der umstrittene ANC-Politiker hatte sich zum Wortführer der streikenden Kumpels aufgeschwungen.
JOHANNESBURG taz | „Hände weg von unserem Anführer“ stand auf den Plakaten, die die Anhänger des südafrikanischen Linkenpolitikers Julius Malema gestern zum Gerichtsgebäude in Polokwane in Südafrikas nördlicher Provinz Limpopo brachten.
Drinnen wurde Malema, der von seiner eigenen Partei suspendierte ehemalige Präsident der Jugendliga des regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC), wegen Geldwäsche in Höhe von 4,6 Millionen Rand (rund 460.000 Euro) angeklagt und gleich wieder auf Kaution freigelassen.
Und schon direkt nach dem Gerichtstermin verkündete der umstrittene Jugendführer: „Geldwäsche ist keine ernsthafte Anklage.“ Er rief in die Menschenmenge: „Man hatte mir gesagt, ich würde wegen Korruption und Betrug angeklagt!“ Das seien ernsthafte Vorwürfe. „Ich bin nicht korrupt,“ sagte er.
Aber nur etwa tausend „Juju“-Fans hatten sich versammelt, um Malema zuzujubeln – viel weniger als erwartet. Die Polizei hatte das Gerichtsgelände mit Stacheldraht abgesperrt und war in höchster Alarmbereitschaft. Malema gilt als wichtigster parteiinterner Widersacher des südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma und hat sich in den letzten Wochen in die Politik zurückgemeldet, indem er für die streikenden Bergarbeiter eintrat, die im August von der Polizei vor der Platinmine Marikana zusammengeschossen worden waren und sich vom ANC nicht mehr vertreten fühlen.
Politisch motivierte Anklage?
Südafrikas Strafverfolgungsbehörden haben Malema bereits länger im Visier. Aber der Zeitpunkt der Anklage kommt laut Malema nicht von ungefähr, die Anklage sei politisch motiviert, behauptet er. Vor etwa einer Woche hatte die Polizei Malema mit angedrohter Verhaftung aus Marikana vertrieben. Er hatte dort die streikenden Arbeiter am Lonmin-Platinwerk mehrmals zum Durchhalten aufgefordert. Gleichzeitig hatte Präsident Zuma im Parlament verkündet, gegen Aufrührer der Kumpels hart durchzugreifen.
Der Streik bei Lonmin ist inzwischen mit kräftigen Lohnerhöhungen beigelegt, aber inzwischen findet er immer mehr Nachahmer: Die Bergbaufirmen Anglo American Platinum und AngloGold Ashanti werden bestreikt, von AngloGolds 35.000 Arbeitern sind inzwischen die Mehrheit im Ausstand. Und Malema sah sich kurz nach Ende des Streiks in Marikana mit einem Haftbefehl wegen seiner Geschäfte konfrontiert.
Der Ratanang-Trust im Besitz Malemas soll unrechtmäßig von Bauaufträgen profitiert haben, die seine Geschäftspartner mit der Provinzregierung in Limpopo abgeschlossen haben. Malemas Trust besitzt Anteile an der Firma On-Point, die laut eines Berichts der Generalstaatsanwältin Thuli Madonsela mithilfe falscher Angaben eine Ausschreibung gewann. Vier Geschäftspartner erschienen bereits am Dienstag vor Gericht und kamen gegen eine Kaution von je 4.000 Euro frei. Insgesamt sollen sich die von On-Point gewonnenen Ausschreibungen für Verkehrsprojekte in Limpopo auf 52 Millionen Rand (über 5 Millionen Euro) belaufen.
Malema hat auch die Steuerbehörde auf dem Hals: Wegen Steuerhinterziehung von 16 Millionen Rand soll Malemas Vermögen in den Provinzen Limpopo und Gauteng unter die Lupe genommen werden. Dazu zählt eine Farm, ein Haus in Polokwane und ein halbfertiges doppelstöckiges Haus im schicken Stadtteil Sandton im Norden Johannesburgs. Malema, der sich nach außen stets für die Armen starkmacht und mit seinem Populismus die Regierung ärgert, lebt selbst auf großem Fuß. Das haben ihm seine Kritiker oft vorgeworfen – jetzt wird es ihm juristisch zum Verhängnis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs