: „Kontakte, Gespräche, Verhandlungen“
■ Wir dokumentieren zwei Schreiben, vom 24. Oktober 1989 und vom 22. August 1990, zur Kontaktaufnahme mit den Aktiven der RAF/ Die Briefe erreichten über mehrere Zwischenstationen die Adressaten DOKUMENTATION
Die Versuche der Abgesandten der Bundesregierung, den Kontakt zur Kommandoebene der RAF herzustellen, gestalteten sich von Anfang an schwierig. Aus Rücksicht auf palästinensische Zwischenkuriere wurden die Briefe, die nur einen Teil der meist mündlichen Kommunikation darstellen, in englischer Sprache verfaßt. Sie sollten außerdem von uneingeweihten Dritten nicht ohne weiteres entschlüsselt werden können. Der mehrfach erwähnte Rechtsanwalt „Renner“ ist Vertreter mehrerer RAF-Gefangener. Das erste Schreiben wurde vor, das zweite nach den Anschlägen auf Alfred Herrhausen und Hans Neusel auf den Weg gebracht. Absender ist ein Rechtsanwalt, der sich bereit erklärt hat, an diesem politischen Lösungsversuch mitzuwirken.
Schreiben vom 24. Oktober 1989
Wen es betrifft:
Mit dem Repräsentanten der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Benz, und dem Rechtsanwalt Klaus-Jürgen Renner [Name von der Redaktion geändert] aus X-Stadt habe ich bei zahlreichen Gelegenheiten gesprochen. Der Inhalt dieser Gespräche war im wesentlichen folgender:
1. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland ist bereit, über die Person von Herrn Benz Gespräche in jedem Land und unter jeglichen Bedingungen zu ermöglichen, über die die Parteien dieser Gespräche Übereinstimmung erzielen. Die Sicherheit beider Seiten ist dabei oberstes Gebot.
Der Unterzeichnende ist jederzeit bereit, Zeitpunkt und Ort der Unterredung zu vereinbaren.
2. Die Klienten von Herrn Renner
a) verlangen eine Bestätigung der politischen Rückendeckung für die Bemühungen von Herrn Benz. Staatssekretär Dr. Neusel (Innenministerium) wird deshalb in naher Zukunft in Bonn Gespräche mit Herrn Renner und seinen Kollegen führen.
b) haben bisher nicht glauben wollen, daß ein Kontakt zur interessierenden Partei über Damaskus tatsächlich hergestellt worden ist.
3. Alle Beteiligten vereinbaren bezüglich des Diskussionsgegenstandes strikte Vertraulichkeit.
Unterschrift
Schreiben vom 22. August 1990
Wen es betrifft:
Die Situation hat sich seit meinem Brief vom 24.Oktober 1989, der vermutlich noch in Ihren Händen ist, dramatisch verändert. Das letzte der Ereignisse, auf die ich mich beziehe, hängt direkt zusammen mit der unter Ziffer 2a meines Briefes aus dem letzten Jahr erwähnten Person. Es ist deshalb um so dringlicher und notwendiger, daß die vorgeschlagenen Gespräche stattfinden. Bewaffnete Auseinandersetzungen wurden, wann immer und wo immer sie in der Geschichte stattgefunden haben, früher oder später stets von Gesprächen und Verhandlungen begleitet. Dabei wird in folgenden Schritten vorgegangen:
Kontakte, Gespräche, Verhandlungen
Man kann dies am Beispiel der Verhandlungen zwischen der ETA und der spanischen Regierung sehen. Dazu füge ich eine Kopie der Zeitschrift 'Interviu‘, Nr. 664, vom 31. Januar 1989 bei.
1. Das in meinem Brief vom vergangenen Jahr enthaltene Gesprächsangebot gilt nach wie vor.
2. Um aus der Sackgasse gegenseitigen Mißtrauens herauszukommen und um den Klienten von Herrn Renner nachweisen zu können, daß der Kontakt hergestellt wurde, bitte ich Sie, mir ein Zeichen, ein Wort oder ein anderes Indentifikationsmittel zukommen zu lassen, das den Klienten von Herrn Renner vorgelegt werden kann. Sie werden dann einen Weg finden, Ihnen ihre Meinung über die Angelegenheit mitzuteilen. Selbstverständlich bin ich bereit, dieses Zeichen persönlich entgegenzunehmen, wo auch immer sie dies vorschlagen.
3. Ich möchte noch einmal betonen, daß die Sicherheit aller beteiligten Personen von vitalem Interesse für uns alle ist.
Unterschrift
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