Konflikt in Syrien: Erstmals Kämpfe in Beirut
In der Hauptstadt des Libanon sind zwei Menschen getötet worden. Panzer und Soldaten patroullieren in der ganzen Stadt. In Syrien starben sieben Menschen.
BEIRUT dpa | Der blutige Konflikt in Syrien hat nun erstmals auch nach Beirut übergegriffen: Bei Straßenkämpfen zwischen Gegnern und Anhängern des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad wurden in der Nacht zum Montag in der libanesischen Hauptstadt zwei Menschen getötet und vier weitere verletzt, wie die staatliche Nachrichtenagentur Lebanese News berichtete. Panzer und Soldaten patrouillierten am Montagmorgen in der ganzen Stadt, vor allem aber in dem Viertel Tarik al-Dschadida, wo es nachts zuvor zu den Ausschreitungen gekommen war.
Bei Kämpfen in der südsyrischen Provinz Daraa sind am Montag sieben Menschen getötet worden. Unter ihnen waren fünf Armee-Deserteure, bestätigte ein Sprecher der syrischen Opposition in Beirut. Bei zwei weiteren Opfern habe es sich um Zivilisten gehandelt. Über eventuelle Verluste auf der Seite der syrischen Sicherheitskräfte wurde zunächst nichts bekannt.
Am Sonntag war an einem Militär-Kontrollpunkt im Norden des Libanons der sunnitische Geistliche Ahmed Abdel Wahid erschossen worden. Der Scheich war ein bekannter Gegner des Assad-Regimes. Auch ein Begleiter des Mannes kam ums Leben. In der Folge kam es zu Protesten von Anhänger des Geistlichen in Beirut sowie im nördlichen und östlichen Libanon. Im sunnitischen Beiruter Viertel Tarik al-Dschadida lieferten sich bewaffnete Unterstützer und Gegner des syrische Regimes heftige Kämpfe, bei denen sogar Maschinengewehre und Panzerfäuste eingesetzt wurden.
Scheich Abdel Wahid soll im Laufe des Montags begraben werden. Es wurden umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen, hieß es in Beirut. Ein Militärgericht ordnete indes die Festnahme von drei Offizieren und 19 Soldaten an, die den Kontrollpunkt bemannt hatten, an dem der Geistliche und sein Begleiter erschossen wurden.
Bereits eine Woche zuvor waren bei Kämpfen zwischen sunnitischen Assad-Gegnern und alawitischen Anhängern des syrischen Regimes in der nördlichen Hafenstadt Tripoli mehrere Menschen getötet oder verletzt worden.
Leser*innenkommentare
Stimme der Demokratie
Gast
Liebe TAZ-Redaktion,
es war kein freundlicher Hinweis, den ich gegeben habe. Ich habe deutlich gefragt, wie antisemitische Hass-Kommentare freigeschaltet werden konnten. Das war kein kleines Fehlerchen, welches behoben wurde. Jemand hat die Kommentare aktiv freigeschaltet. Also ... was war da los. Wer in Euern Reihen steckt so voll "Israelkritik", dass er blindwütigen Antisemitismus als legitime Meinung ansieht.
Danke für's Zensieren meines Kommentars!
Thomas Hemberger
Gast
Es wäre nicht nur für die Menschen im Libanon eine furchtbare Katastrophe, wenn der syrische Bürgerkriegsbrand nun auf den Libanon überspringen würde.
Doch je intensiver sich der innersyrische Konflikt zum offenen und grausamen Bürgerkrieg verstärkt und ausbreitet (insbesondere seit dem völlig kontraproduktiv konfliktverschärfenden UN-vermittelten Pseudowaffenstillstand, mit dem die UN innerhalb Syriens ihre eigene Glaubwürdigkeit zu verspielen droht), desto mehr schwappt der Konflikt über die syrischen Grenzen, insbesondere in den Libanon hinein.
Der nun von libanesischen Soldaten unter Führung eines mutmaßlichen Hisbollah-Offiziers erschossene Assad-feindliche sunnitische Geistliche und sein ebenfalls getöteter Begleiter waren auf dem Weg zu einer Demonstration gegen eine Pro-Assad-Kundgebung des libanesischen Ablegers der syrischen Nazipartei SSNP, als sie von den libanesischen Regierungssoldaten unter Feuer genommen wurden.
Aus Sicht der meisten libanesischen Sunniten, Christen, Palästinensern und Drusen hat seit Gestern die libanesische Armee ihre bisher demonstrierte Neutralität zugunsten der Assad-Anhänger aufgegeben, und agiert nun als verlängerter Arm des syrischen Assad-Regimes und der mit diesem eng verbündeten illegitim im Libanon operierenden Paramilitärs von Hisbollah und SSNP-Nazis.
Das Vertrauen eines Großteils der Libanesen in die eigene Armee ist tief erschüttert. Schon kursieren überall in den überwiegend sunnitisch bewohnten Gebieten des Libanon Aufrufe zur Aufstellung eigener Verteidigungsmilizen, nach dem Vorbild der oppositionellen syrischen FSA (Free Syrian Army).
Nur wenn es der libanesischen Armee rasch gelingt, ihre schwer beschädigte Glaubwürdigkeit und Neutralität durch interne Säuberungen des Offizierskorps (von Einflussagenten Al Assads und seiner innerlibanesischen Verbündeten) wiederherzustellen, wird sie sich als einigende wie geeinte nationale Befriedungsmacht behaupten können.
taz.de-Redaktion
Gast
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