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Kompromißlose Reaktion der USABush wittert neues Komplott

■ Kaum waren die Meldungen über die Offerte des irakischen Revolutionsrates in Washington eingetroffen, zerschlug Bush erneut jede Hoffnung auf einen Waffenstillstand. Trotz Kritik von US-Nahost-Experten behaupten Pentagon und Weißes Haus, Bagdads Vorschlag enthalte „nichts Neues“ — Kriegsbusiness „as usual“.

US-Präsident Bush hat die Erklärung des irakischen Revolutionsrates über einen Truppenrückzug aus Kuwait als „unaktzeptabel“ bezeichnet. Sie enthalte „alte und neue Bedingungen“. Die USA und ihre Verbündeten bestünden aber auf einem „bedingungslosen Rückzug“. Bis ein „massiver Rückzug irakischer Truppen tatsächlich beginnt“, würden „die Angriffe der Alliierten unverändert fortgesetzt“. Nahost-Experten aus den Vereinigten Staaten bezeichneten die Reaktion der US-Regierung als „falsch“. Trotz der neuen Entwicklungen reiste Präsident Bush am Freitag nachmittag wie geplant zu einem viertägigen Urlaub in sein Feriendomizil Kennebunkport in Maine. Nach „anfänglichen Hoffnungen“ über die ersten Meldungen aus Bagdad habe sich die Erklärung des Revolutionsrates als „übler Streich“ herausgestellt, sagte Bush. Neben „unakzeptablen alten und einigen neuen Bedingungen“ enthalte sie „nichts Neues, außer, daß die Führung in Bagdad möglicherweise zum erstenmal überhaupt ihre Bereitschaft zum Rückzug aus Kuwait signalisiert“. Die USA und ihre Alliierten lehnten weiterhin „jede Verknüpfung“ mit anderen Problemen in der Nahost- Region ab und bestünden auf einer „Wiedereinsetzung der legitimen Regierung in Kuwait“.

Bush warf der Führung in Bagdad vor, mit den ersten Verlautbarungen über die Erklärung des Revolutionsrates „große Hoffungen in der eigenen Bevölkerung erzeugt“ und diese dann „zerschlagen“ zu haben. Der US-Präsident forderte „das irakische Volk und Mitglider der Führung“ auf, das Schicksal des Landes „selbst in die Hand zu nehmen und Saddam Hussein zum Rücktritt zu zwingen“.

Judith Kipper von der Brookings Institution, eine der rennomiertesten Nahost-KennerInnen der USA, kritisierte die Reaktion der Bushs als falsch. Der Regierung mangele es an Verständis und Sensibilität für die arabische Welt. Sie hätte weniger auf den Wortlaut der Erklärung aus Bagdad achten sollen, als „darauf, was die irakische Führung tut“. Wichtig sei die jetzt zum erstenmal erklärte Bereitschaft zum Rückzug aus Kuwait. Die in der Erklärung genannten Bedingungen dienten lediglich dazu, das Gesicht zu wahren.

Schon auf die ersten Meldungen über die Erklärung aus Bagdad, die am frühen Morgen in Washington eintrafen, hatten Sprecher des Weißen Hauses und vor allem des Pentagon skeptisch und ablehnend reagiert. Von Pentagon-Sprechern wurde noch vor einem genauen Studium des Textes betont, die Angriffe auf Irak würden unverändert fortgeführt. „Business as usual“ wurde als Parole an die Journalisten ausgegeben. Pentagon-Sprecher äußerten den „Verdacht“, Saddam Hussein wolle mit der Erklärung „lediglich“ dem kurz bevorstehenden Angriffen alliierter Bodentruppen „zuvorkommen“ und „seine Armee retten“.

Der ehemalige Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs der US- Streitkräfte, Admiral Crowe, und andere Militärexperten werteten die Erklärung aus Bagdad als „Beleg“ dafür, daß die bisherige Kriegsstrategie der Alliierten „erfolgreich“ gewesen sei und „die Iraker Wirkung“ zeigten. Auch das Pentagon verbreitete auf Geheimdiensterkenntnisse gestützte Berichte über „Auflösungserscheiungen“ der irakischen Truppen in Kuwait.

JournalistInnen und politischen Beobachtern in Washington fiel in den Turbulenzen des gestrigen Tages besonders auf, daß Außenminister James Baker bereits seit zwei Wochen überhaupt nicht mehr im Zusammenhang mit dem GolfKrieg öffentlich auftritt. Es gibt Hinweise darauf, daß Baker seit seiner gemeinsamen Erklärung mit dem sowjetischen Außenminister Alexander Bessmertnych, die er seinerzeit angeblich ohne Absprache mit Bush getroffen hatte, kaltgestellt wurde. Bis dahin war Baker neben Bush in Sachen Golfkrise der wichtigste Akteur der Administration. In der Erklärung waren gemeinsame Anstrengungen Washingtons und Moskaus zu einer umfassenden Lösung aller Nahost- Probleme angekündigt worden. Andreas Zumach, Washington

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