Kompromiss in Hamburg: Opposition unterstützt Schulreform
Ganz große Koalition in Hamburg: Im Streit über die Schulreform kämpft die Opposition der Bürgerschaft nun Seit an Seit mit dem schwarz-grünen Senat.
HAMBURG taz | Die ganz große Koalition für die umstrittene Hamburger Schulreform ist perfekt. Am Dienstag einigte sich die schwarz-grüne Landesregierung mit der rot-roten Opposition auf die verpflichtende Einführung der sechsjährigen Primarschule und damit auf ein längeres gemeinsames Lernen für alle Kinder.
Dieser Schulterschluss war notwendig geworden, weil die Volksinitiative "Wir wollen lernen" um den Hamburger Anwalt Walter Scheuerl einen Volksentscheid zur Schulreform durchgesetzt hat, der im Juli über die Bühne gehen soll. Die Initiative sammelte bereits 184.000 Stimmen für die Durchführung des Entscheids, mit dem sie die Schulreform komplett verhindern will.
Um gemeinsam gegen die Bürgerinitiative zu marschieren, musste die schwarz-grüne Koalition der SPD und der Linkspartei noch mit ein paar Bonbons die Zustimmung zu ihrem Schulkonzept zu versüßen. Die SPD erreichte unter ihrem Landeschef und Verhandlungsführer Olaf Scholz, dass die Primarschule in drei Schritten eingeführt wird. Die Grundschulen sollen wählen können, ob sie sich 2010, 2011 oder 2012 umwandeln. Zudem wird die Schülerzahl in der Primarschule auf höchstens 23 Schüler pro Klasse rechtlich verbindlich begrenzt. Allein diese Absenkung der Schülerzahl wird Hamburg pro Jahr rund 20 bis 25 Millionen zusätzliche Personalmittel kosten.
Neu ist auch, dass alle Stadtteilschulen, die einzige weiterführende Schulform neben den Gymnasien, verbindlich das Abitur anbieten. Auch das Elternwahlrecht beim Schulübergang wird entgegen den schwarz-grünen Ursprungsplanungen erhalten bleiben. Nach Abschluss der Primarschule entscheiden die Eltern also, welche Schule ihr Kind zukünftig besucht - ein Jahr später wird an den Gymnasien dann aber noch einmal gesiebt werden.
Der Schulkompromiss, der am 3. März in der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossen werden wird, soll für mindestens zehn Jahre gelten.
Der Fraktionschefin der Linken, Dora Heyenn, blieb es vorbehalten zu verkünden, dass Hamburg im kommenden Jahr das Büchergeld wieder abschaffen und alle Unterrichtsmaterialien fortan kostenfrei austeilen werde. "Wir waren überrascht, dass der Senat bereit war, auf diese Forderung einzugehen", gab sich Heyenn verblüfft.
Den von der SPD geforderten "zehnjährigen Schulfrieden", in dem es keine neuen weitreichenden Bildungsreformen gibt, mochte die Linkspartei hingegen nicht unterschreiben - sie will, dass spätestens in acht Jahren die Möglichkeit besteht, das gemeinsame Lernen der Kinder auf acht oder neun Jahre auszudehnen.
MARCO CARINI
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