kuckensema: auf bremens leinwand : Komödien-Archäologie mit ,,Million Dollar Legs“
Machen Sie sich erst gar keine großen Hoffnungen, die ,,Millio- nen Dollar Beine“ des Filmtitels sind nicht etwa entspannt und wohlgerundet, sondern behaart und schnell. Sie gehören George aus Klopstokia, aber da in Klopstokia alle Männer Georg und alle Frauen Angela heißen, hilft diese Information auch nicht viel weiter.
Das kleine Land wird von W.C. Fields regiert, und der ist ein ebenso komischer Despot wie Groucho Marx im Freedonia von ,,Die Marxbrothers im Krieg“, zu dem ,,Million Dollar Legs“ wie eine Vorstudie wirkt. Die braven Georgs und Angelas ziehen aller- dings nicht in den Krieg, sondern nach Los Angeles zur Olympiade von 1932, aber ansonsten geht es ähnlichabsurdzu:Soregiertdort immer der stärkste Mann und eine Palastrevolution besteht da- rin, dass jemand W. C. Fields zum Armdrücken herausfordert. Hin- ter jedem Laternenpfahl lauert ein Spion und meist ist es der Stummfilmkomiker Ben Turpin, der so extrem schielt, dass sein Fernglas im rechten Win- kel auseinandergebo- gen ist.
Regisseur Edward Cline scheute bei die- sem Film keinen noch so billigen Lacher. Er war 1932 noch fest in der Vaudeville- und Slapstick- Tradition verhaftet und reihtekomischeSzenenaneinan- der, ohne sich weiter um eine Dramaturgie zu scheren. Und damit ist dies auch schon ein typischer W.C. Fields-Film, obwohl der nicht einmal die Hauptrolle spielt. ,,Wer Kinder und Tiere hasst, kann nicht ganz schlecht sein!“ lautete das Credo dieses wohl seltsamsten Komi- kersHollywoods,dessenknollen- nasige Misanthropen hinterhäl- tig, feige, boshaft und ständig mies gelaunt waren, der selber wohl auch nicht zu den ange- nehmsten Zeitgenossen zählte, sich schließlich zu Tode soff und nie Wasser trank, denn: ,,Da fi- cken Fische drin!“
Fields ist der Hauptgrund da- für, warum ,,Million Dollar Legs“ heute noch sehenswert ist. An- sonsten ist dies eine von den schnell runtergedrehten Komö- dien der frühen dreißiger Jahre, war mit 65 Minuten eher die Bei- gabe als der Hauptfilm und hat zudem leider mit Jack Oakie ei- nen Hauptdarsteller, dessen al- berne Grimassen heute kaum noch jemand witzig finden kann. Als Bürstenverkäufer aus Ameri- kaverliebtersichindieerstebes- te Angela, und die ist dann auch gleich die Tochter des Präsiden- ten Fields, der kurz vor der Pleite steht. Außer Ziegen und Nüssen wird in Klopstokia nichts produ- ziert, dafür sind alle Bürger Sportskanonen. Auf der Olympi- ade müsste sich das doch zu Geld machen lassen - der olympische GedankedesedlenAmateurswar offensichtlichindenUSAdamals schon passé. Als Gegenwaffe set- zen die Verschwörer Mata Mach- ree ein: die ,,Frau, der kein Mann widerstehen kann“ - eine hunds- gemeine Parodie von Lyda Rober- ti auf Greta Garbos Mata Hari, die damals bestimmt viel komischer wirkte als heute.
Längst nicht jeder Witz zündet also, aber zum einen ist es auch mal interessant, hier so etwas wie Komödien-Archäologie zu betreiben, und dann folgen die Pointen so schnell aufeinander, dassderFilmauchdannnochun- terhaltsam ist, wenn man nur über jede dritte lachen kann. WILFRIED HIPPEN
Originalfassung ohne Untertitel, Kino 46, 29.7.-3.8. um 20.00 Uhr