piwik no script img

Kommetar MindestlohnLernen von der Bundes-CDU

Kommentar von Manuela Heim

In Berlin kippt Rot-Schwarz den Öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Währenddessen will die CDU im Bund mit einem Mindestlohn punkten.

W er arbeitet, soll davon leben können. Für diese Erkenntnis braucht es kein rotes Parteibuch, sogar die Bundes-CDU hat inzwischen ein Einsehen. Zur gleichen Zeit in Berlin, dem Mutterland des Mindestlohns: Rot-Schwarz kippt den Öffentlich geförderten Beschäftigungssektor ÖBS. Und konterkarriert damit ein klares Bekenntnis zur existenzsichernden Arbeit.

Das Prinzip ÖBS funktionierte ja so: Man nehme besonders schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose und gebe ihnen einen Job, der zwar nützlich für die Gesellschaft, aber zu unwirtschaftlich für den freien Markt ist. Zum Beispiel als Stadtteilmutter, Integrationslotse, Mobilitätshelfer für Senioren und Behinderte. Weil sich das rot-rote Berlin zum Mindestlohn bekannte, wurden auch die ÖBSler mit mindestens 7,50 Euro die Stunde und rund 1.300 Euro im Monat bezahlt.

Die Berliner CDU fand den ÖBS schon immer abschaffenswürdig - zu teuer, zu ineffektiv. Als alternatives Konzept zeichnet sich nun Folgendes ab: Langzeitarbeitslose arbeiten in Jobs, die zwar nützlich für die Gesellschaft, aber zu unwirtschaftlich sind. Etwa als Stadtteilmütter, Integrationslotsen und Mobilitätshelfer. Das klingt bekannt?

Der Unterschied liegt im Detail: Wenn es nach der CDU geht, sollen die Langzeitarbeitslosen weniger arbeiten und weniger verdienen als die ÖBSler. Wenns zum Leben nicht reicht, werden sie eben zu Aufstockern. Mindestlohn adé? Existenzsichernde Arbeit adé? Dazu lässt sich aktuell nur eine Empfehlung ausprechen: Bloß nicht hinter die bundesdeutschen Erkenntnisse zurückfallen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • EA
    Enzo Aduro

    Es ist ja schon ein Unterschied ob der Staat private Betriebe zu einem Mindestlohn verdonnert, oder welchen Mindestlohn der aus dem Staatssäckel an Förderleistungen zahlt.

     

    Denn die Leidtungen mit Mindestlohn sättigen ja Märkte. Also wenn eine 4-Euro Friseuse Haare schneidet, dann kann eine 8-Euro Friseuse das nicht mehr.

     

    Beim ÖBS gibt es keinen Markt.