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KommentarHöflicher Dissens

Kommentar von Anett Keller

Bei ihrem China-Besuch hat Bundeskanzlerin Merkel Verletzungen von Menschenrechten und Pressefreiheit angesprochen. Das hilt reformbereiten Kräften - doch konkret ist es nicht.

Bild: taz

Anett Keller ist Redakteurin im Auslandssressort der taz

Die chinesischen Medien waren gestern voll des Lobes über das Verständnis, das die deutsche Kanzlerin bei ihrem Besuch für die Entwicklungsprobleme des Landes zeigte. Chinas KP hat das Konzept der "harmonischen Gesellschaft" ausgerufen. Mit ihrem zurückhaltenden Auftritt am ersten Tag ihrer China-Reise schien Bundeskanzlerin Merkel ganz gut in diesen Rahmen zu passen.

Gestern fand Merkel dann doch deutliche Worte zum Thema Menschenrechte. In ihrer Rede vor der Akademie der Sozialwissenschaften betonte sie, dass die Menschenwürde unteilbar sei und dass die Welt vor Olympia verstärkt auf China schaue. Auch einem Plädoyer für die Gleichberechtigung der Frau durften die Zuhörer lauschen. Das brachte ihr das Lob von hiesigen Menschenrechtlern ein.

Dass Merkel es in Peking schaffte, alle Seiten zufrieden zu stellen, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Antwort der chinesischen Führung erwartbar ausfiel: Freundlich, aber unverbindlich. Denn auch wenn Merkel sich mit - ausgewählten - Journalisten traf und mehr Medienfreiheit einforderte: in dieser Hinsicht hat sich in China ein Jahr vor Olympia kaum etwas bewegt. Zwar lässt die KP inzwischen Journalisten, die lokale Fälle von Umweltverschmutzung oder Zwangsarbeit aufdecken, zuweilen gewähren. Und vollmundig hatte sie vor Olympia ausländischen Reportern mehr Freiheit zugesichert. Doch selbst die werden weiter bei der Recherche kritischer Themen behindert - ganz zu schweigen von ihren chinesischen Kollegen, von denen Dutzende aufgrund ihrer kritischen Haltung im Gefängnis sitzen. Erst kürzlich wurde der Bürgerrechtler He Weihua in die Psychiatrie eingewiesen, nachdem er im Internet kritisch über Korruption in der KP geschrieben hatte. Der Autor Lu Gengsong, der den Fall aufdeckte, wanderte wenige Tage später hinter Gitter.

Merkels Kritik hilft zweifellos den reformbereiten Kräften im Land. Doch es gilt, konkret zu werden. So wüsste man beispielsweise gern, auf welche Fortschritte man im Jahr vor Olympia im Menschenrechtsdialog mit China setzt. Zu dessen letzter Runde im Mai hatte die EU kritische Menschenrechtler eingeladen. Peking antwortete deutlich: mit Boykott. ANETT KELLER

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3 Kommentare

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  • VM
    Volker Mueller

    Immer wieder die arrogante und durch nichts bewiesene Grundannahme, dass die Menschenrechtssituation in Deutschland besser ist als in China. Progrome gegen Inder haben wir hier jedenfalls nicht. Wieviele Missstaende taeglich durch die Medien aufgedeckt werden, daran koennten sich die deutschen Medien ein Beispiel nehmen.

     

    Gegenseitiger Respekt und gegenseitiges voneinander lernen, das waere eine faire, auf Gleichberechtigung beruhende internationale Beziehung. China ist gerne bereit, positive Entwicklungen in Deutschland aufzunehmen - Beispiel Sozialversicherung. Umgekehrt kann man das auch erwarten.

  • W
    Wex

    Eine Reform ist eben etwas komplizierter wie das Kochen für die Familie. Der Koch bzw. die Köchin muss wissen, welche Nahrung soll in dem Mahl beinhaltet und welche Geschmacksrichtung das Mahl sein soll. Der Mann ist Fleischfresser, die Tochter treibt gerade eine Diät, und der kleine Sonn mag sehr süß, darf er aber nicht zu viel Zucker bekommen bevor er zu dick wird und Probleme mit dem Kreislauf hat. Die Unterschied ist nur, dass eine Reform muss die drängenste Bedürfnissen der Mehrheit von 1,3 Milliarden Leuten erfüllen, und der der Kochmütze trägt muss auswiegen, was für diese Leute gut ist und was nicht.

     

    Würden die Deutschen machen alles was Herr J.W. Bush sagt? Wahrscheinlich nicht. Denn ich glaube die Deutschen denken zum großen Teil anders als Herr Bush und halten anders für wertvoller als Herr Bush. Dann muss ich hier eine Frage stellen, und zwar wie gut die Deutschen dann China bzw. die Chinesen als Ganzen kennen? Fühlen sie was die meisten Chinesen in China fühlen und sehen sie was die meisten Chinesen sehen? Soll eine Politik die für eine Gesellschaft gut ist auch unmittlbar für eine Andere gut sein? China lernt ständig von der westlichen Welt und lässt die neue Kenntnisse langsam in der einheimischen Gesellschaft verdauern und ich denke, es ist gut so. Sollte Frau Merkel in der spät 60er letztes Jahrhunderts als Bundeskanzlerin China besuchen, hätte sie noch die Chance so ein Treffen mit der Journalisten zu veranstalten? Das Treffen ist vielleicht nichts für ein weit reiferes System, ich halte das aber für einen Fortschritt in China.

     

    Außerdem haben die Politiker generell zu viel auf die Olympiade geschaut, was sie da eigentlich nichts zu suchen haben. Ich bin nicht ganz für die etwas übertriebene Zeigerei, bin aber auch nicht dafür, das olympische Spiel als ein Gewicht auf der Handelswaage zu benutzen. Wenn man die chinesische Geschicht in der letzten 150 Jahren zurück blickt, weißt man, was eine rücksichtslose rasante Reform in China verursachen würden. Und wenn man es mit der Diskussion über z.B. einen Neubau eines Bahnhofs vergleichen, weiß man, wie lang ein Jahr ist für ein großes Projekt.

     

    Also, lassen wir unsere Blicken über die Olympiade erweitern aber immer am Ball bleiben.

  • A
    Alster

    Angela Merkel reist gerne. Dabei findet ein bißchen Dampfplauderei statt. Nach Erfolg gefragt, lässt sie

    Binsenweisheiten vom Stapel. Man frage sich einmal, was bisher-außer

    puren Ankündigungen passiert ist?

    Merkel kann sich gut vermarkten,dass

    scheint dato, das non plus ultra, in

    der Politik zu sein. Regieren wollen

    sie alle, aber einer ist so schlecht

    wie der andere.