Kommentar: Loyalität zum Sonderpreis
Berlins Wirtschaftsenator Wolf will die Löhne im öffentlichen Dienst erhöhen. Das könnte sich vor allem für den Arbeitgeber lohnen.
Im Vergleich zu München oder Hamburg ist Berlin eine Billig-Oase - günstige Kneipenpreise, moderate Mieten, ja selbst die Angestellte beim Wohnungsamt kostet die Stadt rund 10 Prozent weniger. Denn hier haben die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vor fünf Jahren einer Verzichterklärung mit dem schönen Namen Solidarpakt zugestimmt, und die gilt auch die nächsten zwei Jahre. Doch klüger wäre es, wenn das Land seinen Angestellten schon jetzt ein wenig entgegenkäme.
Zwar steckt Berlin nach wie vor in argen finanziellen Schwierigkeiten und hat kein Geld zu verschenken. Die schiere Schuldenhöhe von 60 Milliarden Euro diktiert den finanzpolitischen Kurs der nächsten Jahrzehnte, der sparsam und recht selbstgenügsam sein wird. Das schließt indes Investitionen nicht aus, und klug angelegte Ausgaben können sich in der Zukunft auszahlen.
Der Vorschlag von Wirtschaftssenator Harald Wolf, den Beschäftigten jetzt schon einmal etwas mehr Lohn zuzubilligen, hört sich zwar verschwenderisch an, kann aber lohnend sein. Zunächst einmal für Wolfs eigene Partei, die sich als linke Kraft immer wieder vorwerfen lassen muss, in urkapitalistischer Art Tarifflucht zu begehen und Dumpinglöhne zu zahlen.
Lohnend ist der Vorschlag aber auch für das Land Berlin selbst. Wenn die Gewerkschaften sich landauf, landab mit ihren Lohnforderungen durchsetzen sollten, würden sich die Berliner Bediensteten zu Recht benachteiligt fühlen. Statt nun den murrenden Angestellten in zwei Jahren zehn Prozent mehr Gehalt zu zahlen, kann Berlin mit einer sofortigen moderaten Anpassung frohe Gesichter in Schreibstuben und Kindergärten hervorrufen und der Kampfeslust der Gewerkschaften zuvorkommen. Eine sehr kapitalistische Taktik.
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