Kommentar: Die Zahlen müssen stimmen
Kommentar
Fröhlich hantieren der Regierende Bürgermeister und seine Senatoren mit Daten, die zwar gut klingen, aber letztlich fragwürdig sind. Berlin habe im Vergleich zu 1990 ein Viertel der Kohlendioxidemissionen eingespart, freuen sie sich. Weil sich aber die Berechnungsmethoden für die Zahlen änderten, kann man den erfassten CO2-Ausstoß heute und den von 1990 gar nicht miteinander vergleichen. Der Senat ist sich des Problems durchaus bewusst. Und präsentiert die Daten trotzdem. Er hält damit nicht nur die Bürger zum Besten, er schadet auch der Sache.
Denn die Bilanz ist ein zentrales Instrument im Kampf gegen die Klimaerwärmung. Sie zeigt auf, ob es einen Fortschritt bei der Verringerung von Kohlendioxid gab. Nicht nur das: Auch die Politik muss sich daran messen lassen, ob die Emissionen in Berlin tatsächlich reduziert wurden.
Deshalb muss die Bilanz stimmen. Das heißt: Die Daten sollten bereinigt und auf diese Weise eine Vergleichbarkeit der Zahlen erreicht werden. Das ist zwar aufwändig, aber doch möglich. Aus der Umweltverwaltung heißt es, man bemühe sich um Aufklärung. Bisher gibt es aber leider keine Anzeichen dafür, dass der Senat es sonderlich ernst damit meint.
Vielleicht liegt es daran, dass die bisherige Klimabilanz so schmeichelhaft ist? Die vordergründige Botschaft des Senats war schließlich bisher eindeutig: Schaut her, was wir beim Klimaschutz schon alles geschafft haben!
Wenn der Senat es mit dem Thema wirklich ernst meint, muss er das nötige Geld für das nötige Personal in die Hand nehmen und die Daten noch mal durchrechnen lassen. Erst dann kann man die Zahlen ernst nehmen - und sich gegebenenfalls zu Recht über Erfolge im Kampf gegen die Erderwärmung freuen.
Geschieht das nicht, hat es auch keinen Sinn, weitere Ziele zu formulieren. Um 40 Prozent will der Senat die Kohlendioxidemissionen der Stadt bis zum Jahr 2040 reduzieren. Ob diese lobenswerte Vorgabe erreicht wird oder nicht, weiß - ohne eine Bereinigung der Zahlen - leider nur der liebe Gott.
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