■ Kommentar: Alternativlos Rot-Schwarz
Starke PDS macht Große Koalition. So lautet nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt die Faustformel für diese und künftige Regierungsbildungen im deutschen Osten. Jenseits von Union und PDS gibt es auch dann keine mehrheitsfähige Konstellation, wenn die Sozialdemokraten wie am Sonntag kräftige Zugewinne verbuchen können. Die Bündnisgrünen bleiben zu schwach, die FDP hat im Osten keine Perspektive mehr. Rot-Grün ist chancenlos, doch die Union verliert ihren handzahmen Mehrheitsbeschaffer.
Jetzt werden sich die beiden künftigen Koalitionspartner erst einmal streiten, wer denn in Sachsen-Anhalt den eigentlichen Wahlgewinner abgibt. Die Zugewinne der Sozialdemokraten lesen sich mit um die acht Prozent ziemlich imposant. Damit läßt sich auch für Bonn weiter wahlkämpfen. Doch die Union verdirbt der SPD die ganz große Freude. Sie bleibt – was noch vor einem halben Jahr für absurd erklärt wurde – stärkste Partei im Magdeburger Landtag. Es scheint, als habe die Gehälteraffäre der Union am Ende eher noch genutzt als geschadet. Der deutlich überbezahlte Werner Münch, ersetzt durch den aufrechten Ostler Christoph Bergner, damit schaffte die Union die kleine Trendwende. Sie verlor, gemessen an ihrem Höchststand aus dem Einheitsjahr, doch sie bleibt weiter dominant – und Bergner Ministerpräsident. Für ihn ist die Strategie, den Wahltag soweit wie möglich nach hinten zu schieben, aufgegangen. Doch die, die ihn dabei unterstützten, erlebten am Sonntag ein Fiasko.
Die FDP liegt mit ihrem Ergebnis im Bundestrend. Doch erst das Affentheater, das sie während der Gehälteraffaire in Sachsen-Anhalt abzog, reichte aus, um die Liberalen in ihrer bisherigen Hochburg auf drei Prozent zu bringen. Verluste um die zehn Prozent, das wird es für die FDP wohl nie mehr geben können.
Daß auch diesmal, zwei Wochen nach den spektakulären Europa- und Kommunalwahlergebnissen, die PDS wieder zu den Gewinnern zählen würde, hatte am Sonntag schon keinen Überraschungswert mehr. Alle Parteien beginnen sich darauf einzustellen. Der Union fällt das, trotz lautstarker antikommunistischer Propagandareden, ziemlich leicht. Denn die PDS ist nicht in erster Line Konkurrent, sondern Garant dafür, daß Sozialdemokraten und Bündnisgrüne zusammen nicht über die Vierzig-Prozent-Marke kommen. Während sich die Grünen bundesweit auf zweistellige Ergebnisse zubewegen, haben sie am Sonntag ihre erste Zitterpartie im Osten durchlebt. Das ist bitter für die Bürgerrechtler. Ihnen steht jetzt die Debatte um die Politik der Aufarbeitung ins Haus. Matthias Geis
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