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KommentarKeine Gnade

■ Bremen duckt sich hinter Kanther

Das wäre doch mal eine schöne Meldung gewesen: Der Bremer Senat traut sich, gegen den schneidigen Herrn Bundesinnenminister anzustinken. Der Senat beschließt, keine Menschen in Gebiete abzuschieben, in denen die Flüchtlinge Mord und Totschlag erwartet. Wäre gewesen, denn der Senat hat das genaue Gegenteil beschlossen. Keine Gnade. Was immer Herrn Kanther in Bonn beschließt, Bremen dackelt brav hinterher. Bloß keine Mätzchen.

Der Senat hat gestern ein ziemlich schwaches Bild abgegeben. Da spielte es überhaupt keine Rolle mehr, wie es tatsächlich in Ländern wie Liberia oder dem Iran aussieht, wie dort die Menschenrechte, auf die sich natürlich alle Verantwortlichen hierzulande in wohlfeilen Sonntagsreden gerne berufen, mit Füßen getreten werden. Nein, für die Bremer Landesregierung gab es nur eine Leitschnur: Das Land darf nicht aus einer bundesweiten Regelung ausscheren. Menschenrechte hin, Menschenrechte her, Bremen duckt sich hinter Kanthers breitem Kreuz. Dabei hätte es nichts gekostet, eine humane Position zu beziehen - vielleicht außer Wählerstimmen. Die scheinen zur Zeit am schwersten zu wiegen.

Möglicherweise wäre es am Ende nur ein Signal gewesen, und der Innenminister hätte sich durchgesetzt. Aber immerhin, ein Signal, daß man nicht jeden Unsinn mitmachen muß, nur weil er von oben angeordnet wird. Das war ein schwarzer Tag. Jochen Grabler

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