■ Kommentar: Hennings Clique
Das bittere Ende seiner Vorgänger Hans-Ulrich Klose und Klaus von Dohnanyi vor Augen (beide stürzten über SPD-Intrigen), bastelt Stadtchef Henning Voscherau seit seinem Amtsantritt 1988 gezielt an einem dichten Netz wohlgesonnener Personen in hansestädtischen Spitzenjobs.
Mal organisiert der Bürgermeister durch brave Gefolgschaft das Wohlwollen der Handelskammer und ihres antiquierten Bosses Klaus Asche, mal kümmert er sich durch wohl austarierte Berufungen in Senat und Staatsratsriege um eine Clique ihm zu heißem Dank verpflichteter GenossInnen von rechts wie links.
Seit 1993, dem mittlerweile kläglich gescheiterten Start des Machterhaltungsmodells Rot-Grau, hat Voscherau sein besonderes Augenmerk den öffentlichen Großunternehmen zugewendet. Mal mischt er sich höchstselbst in die Personalauswahl ein, mal weiß er, daß seine Gefolgsleute Vahrenholt oder Wagner schon den richtigen Griff tun. Gelänge jetzt der Coup mit Elste als oberstem Busfahrer, könnte Voscherau auf gute Freunde im mächtigen Unternehmensquartett von HEW, Landesbank, HHLA (Hafen) und HHA setzen.
Wer hofft, Voscheraus flotte Gang in Senat und Unternehmen würde wenigstens für flottes Regieren sorgen, der irrt: Das Filzgestrüpp an der Spitze der Stadt erweist sich als bleierne Innovationsbremse, in der selbst mehr als 20 Jahre überfällige Reformvorhaben wie beispielsweise die Bezirksreform auf der Strecke bleiben.
Und: Schon heute sorgt Voscherau durch Personal- und Privatisierungsentscheidungen dafür, daß an diesem Zustand auch ein rot-grüner Erneuerungssenat kaum noch etwas wird ändern können. Florian Marten
Bericht Seite 22
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen